10. Juni 2008

Kirche und Orden in Umbrüchen – Expertengespräche in Essen

Essen – Wohin gehen Kirche und Orden und warum? Mit dieser Frage beschäftigten sich zehn Seminarteilnehmer am Wochenende in Essen.

Dass die Kirchen in Deutschland sich in starken Veränderungsprozessen befinden, wird immer wieder in den Medien thematisiert. Doch die Kirchengeschichtsforschung und das »Change-Management« aus der Systemtheorie wollen beide die tieferen Ursachen, Auswirkungen und Perspektiven dieses Strukturwandels erforschen.

Dazu waren am 6. Juni zehn Studenten der vom Kapuzinerordens getragenen Philosophisch-Theologischen Hochschule Münster und dem dortigen Institut für Kirche, Management und Spiritualität (IKMS) mit ihren beiden Seminarleitern Prof. Dr. Reimund Haas (Kirchengeschichte) und Dipl. Arb.-Wiss. Gregor Fasel (Studienleiter des IKMS) zu Expertengesprächen nach Essen gekommen. Nachdem die Studenten in ihrem Seminar Kirche und Orden in Umbrüchen zunächst die Epochen der Reformation und der Säkularisation aus der Fachliteratur erarbeitet hatten, sollte nun konkret die „Umbruchsituation“ nach dem II. Vatikanischen Konzil am Beispiel des Ruhrgebietes studiert werden.

Dazu führte zuerst Generalvikar Prälat Dr. Hans-Werner Thönnes unter dem Thema Mängelverwaltung oder Neuer Aufbruch? in die Zukunftsperspektiven des Bistums Essen ein. Für das zweite Expertengespräch „Orden im Umbruch“ war der Provinzial der Kölnischen Franziskanerprovinz, Bruder Franz-Leo Barden OFM, aus Euskirchen angereist. In der Begrüßung erinnerte Prof. Haas daran, dass die ebenfalls franziskanischen Minoriten und Kapuziner schon in dem vor der Industrialisierung dünn besiedelten späteren Ruhrgebiet vertreten gewesen waren, bevor 1903 die ersten Franziskaner aus der damaligen sächsischen Ordensprovinz nach Essen kamen.

Diesen Wechsel der Provinzgrenzen aufgreifend erläuterte Bruder Franz-Leo anschaulich die seit 1992 betriebene Kooperation der vier noch bestehenden deutschen Franziskanerprovinzen. Am Ende dieses Fusionsprozesses („4 D“) soll 2010 die neue Deutsche Franziskanerprovinz von der Hl. Elisabeth stehen, die ihr Provinzialat in München haben wird.

Angesichts des Rückgangs der Mitgliederzahlen und der Überalterung der Mitbrüder sowie der Schließung von Klöstern (Kloster Warendorf am 1. Juni) sind besondere Aufgaben (wie die Suppenküche in Pankow, die Missionsprokur in Bonn, die wissenschaftliche Forschung in Münster) nur noch mit qualifizierten Brüdern aus allen vier ehemaligen Provinzen mit dem sog. Synergie-Effekt zu bewältigen. Bruder Franz-Leo betonte gerade zu dem sensiblen Punkt in Veränderungsprozessen, wie man mit Bedenkträgern umgegangen ist, die hohe Sensibilität („Brüderlichkeit“) und den Respekt vor der regionalen Verwurzelung.

Beeindruckt von den im Brennpunkt des Ruhrbistums erfahrenen Umbrüchen in Gesellschaft, Kirche und Orden und dem offenen Dialog mit den beiden Experten aus dem „kirchlichen Change-Management“ fuhren die Seminarteilnehmer am späten Abend nach Münster zurück. (R. Haas)

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