10. November 2008

Provinzial der Jesuiten weist Nähe der in Moskau ermordeten Jesuiten zum Rotlichtmilieu zurück

München – Die Umstände der Morde an Otto Messmer und Victor Betancourt entsprächen einem bekannten Strickmuster im Russland der letzten Jahre. Zu diesem Muster gehöre es unter anderem, Prostituierte gezielt auf engagierte Katholiken anzusetzen, um ihnen eine Nähe zum Rotlichtmilieu anzuhängen, erklärte der Provinzial der deutschen Jesuiten, Stefan Dartmann SJ, heute in München.

Otto Messmer (li.) und Victor Betancourt (re.)

Otto Messmer (li.) und Victor Betancourt (re.)

Am 25. und 27. Oktober wurden die beiden Jesuitenpatres Victor Betancourt SJ und Otto Messmer SJ in Moskau ermordet. Am 6. November meldeten die russischen Ermittlungsbehörden der Öffentlichkeit einen geständigen Täter, einen mehrfach vorbestraften Sexualverbrecher, aktuell im homosexuellen Prostitutionsmilieu tätig, der Kontakt mit einem der Ermordeten gehabt habe.

Da die Presse in Deutschland diese Berichte inzwischen dargestellt hat, nahm der Provinzial der Deutschen Provinz der Jesuiten, P. Stefan Dartmann SJ, dazu heute wie folgt Stellung:

  1. »Nach wie vor bleiben bezüglich des Tathergangs viele Ungereimtheiten und Widersprüche bestehen. Diese betreffen sowohl die Tatzeit als auch die Umstände. Erschwerend kommt hinzu, dass der einzige bekannte Zeuge der Tat der Mörder selbst ist. Auf seinen Aussagen ruht in der Hauptsache die Rekonstruktion des Tathergangs.
  2. Die Öffentlichkeitsarbeit der russischen Ermittlungsbehörden hat bereits vor dem Ergreifen des mutmaßlichen Täters eine Pressekampagne in Russland ausgelöst und begünstigt, in der die Mitbrüder, die Gesellschaft Jesu und die Katholische Kirche sowohl in den Personen der Ermordeten als auch grundsätzlich verleumdet und verunglimpft wurden. Ich weise die in dieser Kampagne lancierten Unterstellungen in aller Entschiedenheit zurück.
  3. Die Umstände der Morde entsprechen einem bekannten Strickmuster im Russland der letzten Jahre. Zu diesem Muster gehört es unter anderem, Prostituierte gezielt auf engagierte Katholiken anzusetzen, um ihnen eine Nähe zum Rotlichtmilieu anzuhängen. Wie die diffamierenden Berichte in der russischen Presse zeigen, ist dies auch in früheren Fällen offensichtlich gelungen. Im Falle der beiden ermordeten Jesuiten wird dabei gezielt mit homophoben Klischees und Vorurteilen operiert, die Homosexualität mit sexuellen Monstrositäten gleichsetzen, und darauf gehofft, dass diese Gleichsetzung auch in katholischen Kreisen funktioniert und zu einer Distanzierung von den Opfern führt. Damit wird zugleich von der wirklichen Monstrosität abgelenkt: den Morden.
  4. Viele Jesuiten in Deutschland kannten Victor Betancourt und Otto Messmer persönlich. Die beiden Mitbrüder sind in lauterer Gesinnung, um der Kirche zu dienen, in Russland tätig gewesen. Wir werden nicht zulassen, dass ein unsägliches Gebräu aus Anspielungen, widersprüchlichen Recherche-Ergebnissen und Spiel mit Ängsten das Lebenszeugnis unserer Mitbrüder verdunkelt.«

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