17. Juli 2009

Isa Vermehren ist tot

Bonn – Die Ordensfrau und Buchautorin Isa Vermehren ist tot. Sie starb am Mittwoch im Alter von 91 Jahren in Bonn.

»Ich bin nicht immer laut...« Isa Vermehren bei der Verleihung des Verdienstordens des Landes Nordrhein-Westfalen durch Ministerpräsident Jürgen Rüttgers 2005 (Foto: LPA NRW)

»Ich bin nicht immer laut...« Isa Vermehren bei der Verleihung des Verdienstordens des Landes Nordrhein-Westfalen durch Ministerpräsident Jürgen Rüttgers 2005 (Foto: LPA NRW)

Isa Vermehren wurde 1918 in Lübeck geboren und wuchs in einem protestantischen Elternhaus auf. Anfang der 1930er Jahre wurde sie mit Auftritten im politisch-literarischen Kabarett von Werner Finck, der Katakombe, schnell bekannt. 1938 konvertierte sie zur katholischen Kirche. Während des Zweiten Weltkrieges wurde sie zur Truppenbetreuung an die Front einberufen.

Nachdem einer ihrer Brüder, der Diplomat Erich Vermehren, 1944 zu den Briten übergelaufen war, wurden Isa und weitere Familienmitglieder in Sippenhaft genommen und in einem Konzentrationslager inhaftiert. Sie überlebte die Lageraufenthalte in Ravensbrück, Buchenwald und Dachau und berichtete über diese Zeit in ihrem Buch Reise durch den letzten Akt.

1951 trat sie in den Orden der Schwestern vom Heiligsten Herzen Jesu (Sacre Cœur) ein und arbeitete danach vor allem als Pädagogin. Seit 1961 leitete sie zunächst ein Gymnasium in Bonn, dann von 1969 bis 1983 die katholische Sophie-Barat-Schule in Hamburg. Von 1986 bis 1998 sprach sie regelmäßig das Wort zum Sonntag. Vor allem ihrer Bildschirm-Präsenz verdankte die zuletzt in Bonn lebende Ordensfrau eine erhebliche Popularität. Für ihre Arbeit erhielt sie das Bundesverdienstkreuz, den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen und den Deutschen Predigtpreis.

Isa Vermehren hörte nie auf, von ihren Erlebnissen während der NS-Zeit zu erzählen. »Ich nehme jede Aufforderung an, über die Vergangenheit zu reden«, sagte sie einmal. Auch wenn ihr dies zum Schluss wegen einer Parkinson-Erkrankung zunehmend schwer fiel. Zu ihrer Beerdigung soll es statt Blumen Spenden für die Aktion Lichtbrücke geben – so hat es Isa Vermehren selbst gewünscht.

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Lesermeinungen

7 Kommentare zu “Isa Vermehren ist tot”

  1. Ursula Rieger
    20. Juli 2009 20:22

    Sr. Isa Vermehren habe ich als Schülerin im St. Adelheid-Gymnasium in Pützchen/Bonn erlebt. Damals dachten wir nicht über „Persönlichkeiten“, über die Ursachen der Wirkung einer Person nach. Ohne dass ich die Gründe dafür hätte nennen können zollten wir dieser Frau tiefen – im allerpositivsten Sinn des Wortes – Respekt. Nach der Lektüre ihres Buches und nachdem ich ihrem „Wort zum Sonntag“ oft zugehört hatte, wusste ich, warum das so war:
    Ich kenne kaum einen Menschen, der so aufrichtig und authentisch ist wie sie war, der Christentum zu einer Religion des gelebten Glaubens machte und so Vorbild war.

  2. 21. Juli 2009 01:04

    Allen, die Isa Vermehren mochten und schätzten und ihr nahe standen, diese Zeilen als Zeichen meiner Anteilnahme. Isa Vermehren war mir zwei Mal in meinem Leben eine Stütze und wichtige Ratgeberin: Zum ersten Mal, als ich mich entschloss, als Spätberufener meinen bisherigen Bühnenberuf aufzugeben und zum Theologiestudium ins Priesterseminar zu gehen, zum zweiten Mal dann ein paar Jahre später, als es mich zur Bühne zurückdrängte und ich meinen Weg zum Priestertum wieder verließ. In beiden Situationen – so konträr sie auch waren – stand mir Isa zur Seite, wenn auch im zweiten Fall nur noch aus der Ferne. Als ehemalige Frau des Theaters und als Frau des Glaubens hatte sie Verständnis für diese Entwicklungen und ging meinen Weg im Gebet mit, gleich in welche Richtung er mich auch führte. Dies war ihre Stärke: Das Vertrauen in den Herrn, das offene Ohr für ihre Mitmenschen … und schließlich jenes unendlich weite Herz, das im Gleichtakt für Gott und den Menschen schlug. Danke, Isa Vermehren, für all das Gute, das Sie unserer Welt geschenkt haben: in den berühmten „Worten zum Sonntag“ und in den vielen kleinen, verborgenen Taten des Alltags.

  3. Elisabeth Prégardier
    24. Juli 2009 10:34

    Gestern (23. Juli) konnte ich am Begräbnis von Sr. Isa Vermehren teilnehmen. Der Abschied war mich insofern bewegend, als ich ihr zum Thema Ravensbrück und Widerstand sehr nahekam. Bei meinen Recherchen zu Frauen- und Familienschicksalen in der Zeit des Nationalsozialismus hat sie mich immer wieder wieder ermutigt und Einblick in ihr eigens Leben gegeben.
    So manches Mal bin ich durch den Zellenbau in Ravensbrück gewandert und habe mich gefragt hinter welcher Tür Isa Vermehren, Helmuth von Moltke, Nikolaus Groß, Richard Kuenzer. Nikolaus von Halem, Otto Carl Kiep, seine Frau Hanna, Hanna Solf , ihre Tochter Lagi von Ballestrem sowie die vielen anderen, deren Lebensschicksale ich kannte, eingesperrt waren.
    In den vielen Nachrufen klingt es so flott: „Karriere vom KZ ins Kloster“! Wenn nicht zugleich vermittelt wird, was Sr. Vermehren im Innersten bewegte und was aus dieser Zeit in die langen Jahre ihrer pädagogischen Tätigkeit eingebracht hat, trifft man sie nicht im Kern.
    Sehr umfassend ist die Liste ihrer vielen Artikel und Redemanuskripte. Man sollte sie ins Internet stellen.
    Nachdem die körperlichen Kräfte von Sr. Vermehren nachließen, hat sie sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Wie sie mir aber noch vor einigen Jahre mehrfach sagte, würde sie sich so lange sie könnte, den Fragen zur Zeitgeschichte des Nationalsozialismus stellen.
    Wenn zu dieser Zeit estwas Wesentliches zu sagen war, so kam es aus der Feder oder aus dem Mund von Sr. Vemehren. In hrer persönlichen Bescheidenheit hat sie ihre Artikel und Vorträge zu diesem Thema nie selber gesammelt und herausgegeben. In Absprache mit ihr habe ich elf Texte zusammengetragen und unter ihrem Namen in „Der Mensch – das Kostbarste“ veröffentlicht. (Direktbestellung bei Plöger Medien GmbH, Annweiler). Am vierten Adventssonntag 2008 konnte ich ihr in ihrer Zelle die Publikation überreichen können. Große Freude und Dankbarkeit!
    Noch eine Notiz, die sich in ihren Schriften nicht findet: Asl sie in den Zellenbau des Frauen-KZ Ravensbrück eingelieferet wurde, konnte sie als Sippenhäftling ihre Kleidung und persönlichen Sachen mitnehmen, so auch ihren „Schott“ (Die deutsche Ãœbersetzung des Römischen Meßbuches). Jeden Tag hat sie – wenigstens eine Stunde lang – die Meßtexte des Tages meditiert und sich geistigerweise in eine Kirche versetzt, vorzugweise in die Peterkirche in Rom.
    Hier ist eine der Kraftquellen für ihr späters Leben und ihre Botschaft zu diesen Jahren.
    Wie schön wäre es gewesen, wenn dieser Schott neben ihrer Ziehharmonika „Agathe“ im Haus für Geschichte einen Platz gefunden hätte! Doch wie Sr. Vermehren mir noch vor wenigen Monaten auf die Frage nach dem Verbleib sagte, sei das zerblätterte Gebetbuch mit einem Koffer verloren gegangen.
    Im Nachruf schrieben ihre Mitschwestern am 16. Juli 2009: „Große Menschen sind keine einfachen Menschen. Sie scheiden die Geister. In ihrer Treue und ihrem Feuer sind sie eine Herausforderung über den Tod hinaus. “

    In diesem Sinne weiß ich mich auch weiterhin Sr. Vermehren von Herzen verpflichtet.
    Elisabeth Prégardier, Oberhausen

  4. M. Pauli-Regenhardt
    30. Juli 2009 18:40

    Wer sie kannte, nimmt eine Verpflichtung mit.

    Ihre Authentizität war beeindruckend und prägend. Ich bin stolz darauf, eine ihrer Schülerinnen gewesen zu sein.

    RIP Isa Vermehren.

  5. 30. Juli 2009 19:25

    Isa Vermehrens Worte – ob geschrieben, ob gesprochen und auch im persönlichen Gespräch – waren für mich an manchen Lenswegkreuzungen der richtige Wegweiser. Ich werde mich weiter in ehrfürchtiger Erinnerung daran halten.

  6. Maria von Nathusius
    2. August 2009 22:19

    Trotz aller Differenzen und Konflikten im Schulalltag war Isa Vermehren eine Frau, die zuzuhören vermochte, konstruktiver Kritik offen gegenüberstand und bereit war, Standpunkte zu überdenken. Erst lange nach der rebellischen Schulzeit habe ich ihre Fähigkeiten wirklich zu schätzen gelernt, und dennoch verspürte ich schon nach dem Abitur – 1983, parallel zu ihrer Pensionierung – ein Bedauern für all diejenigen, die sie in Hamburg nicht mehr erleben würden…. Es bleiben Erinnerungen an eine großartige Frau!

  7. Anneli Schüngel
    6. November 2009 20:39

    Ich habe spät vom Tode Sr. Vermehrens erfahren und muss sagen, dass sie mir in einigen Lebenssituationen Vorbild war. Als Schülerin der Sophie-Barat-Schule in Hamburg habe ich sie schätzen gelernt. Sie hat mich unterstützt in der umsetzung meines Berufswunsches und dafür bin ich ihr sehr dankbar. Als Lehrerin war und ist sie mir heute noch Vorbild, und ihre Art mit Schülern umzugehen hat mich immer tief beeindruckt. So manch guter Ratschlag begleitet mich bis heute durch mein Lehrerdasein, und ich denke manches Mal an sehr intensive Diskussionen mit ihr zurück. Danke Sr. Vermehren.

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