5. März 2010
Pressekonferenz: Missbrauchsskandal in Ettal größer als bisher angenommen
Kloster Ettal: Auf einer Pressekonferenz hat heute der von der Benediktinerabtei eingesetzte Sonderermittler Thomas Pfister erschütternde Details zum Missbrauchsskandal in Ettal bekanntgegeben.
Pfister, der Passagen aus Zuschriften von Opfern zitierte, sagte, die Vorwürfe wegen Missbrauchs oder Misshandlung richteten sich gegen mindestens 10 Ettaler Patres, man müsse von rund 100 Opfern ausgehen. Die Mehrzahl der Patres habe zwar nicht selbst geprügelt, durch eine »systematisch praktizierte Kultur des Wegschauens und Verschweigens« aber den rechtsfreien Raum für die Vergehen geschaffen.
Auch der Ettaler Cellerar (Wirtschaftsverwalter) Johannes Bauer gab während der Konferenz zu, Mitte der 80er Jahre als Erzieher Kinder »brutal körperlich misshandelt und gedemütigt« zu haben, lehnte einen Rücktritt aber ab.
Sonderermittler Pfister berichtete auch von einem aktuellen Fall, in dem ein Klostermitglied zugegeben hat, Fotos von Schülern mit freiem Oberkörper ins Internet gestellt und Kinderpornos heruntergeladen zu haben. Die Fotos habe er bei Bergwanderungen gemacht. Der Pater ist inzwischen von seinen Aufgaben entbunden. In diesem Zusammenhang habe die Staatsanwaltschaft in der vergangenen Woche Computer im Kloster beschlagnahmt.
Lesermeinungen
8 Kommentare zu “Pressekonferenz: Missbrauchsskandal in Ettal größer als bisher angenommen”
Was sagen Sie dazu?
Ettal ist leider kein Einzelfall. Ich war in den 70ern im Jugendwerk Birkeneck (Hallbergmoos bei München). Dort waren schwere Übergriffe an der Tagesordnung. Ich denke auch jetzt nach fast 40 Jahren immer noch oft an diese schreckliche Zeit, die auch mein Leben veränderte.
Mit Grauen denke ich auch noch an unseren Herrn Dekan und seinen Kollegen, den Dorfparrer, die uns in de Schule schlugen und traten, bis wir in die Hose machten. Damals war ich grade 8 Jahre alt.
In den 80ern lebte ich in einer römischen Pfarrei mit engem Kontakt zum Vatikan.
Im Internat der Kongregation wurde geprügelt und ab un zu auch ein Priester auf Mission in die 3.Welt geschickt, weil er den Schülern sexuell zu nahe kam oder eine Minderjährige geschwängert hatte. Meist wurde dies aber mit Geld unter dem Mantel des Schweigens versteckt.
In einem Rehabiltationscamp für Drogenaussteiger und Behinderte wurden letztere von Priestern und Bewohnern geschlagen, wenn sie nicht nach der Pfeife tanzten.
Die Kirche hat viele dunkle Seiten, einige davon sind jetzt sichtbar geworden.
Siehe ein Artikel bei sueddeutsche.de von heute:
„40 Schüler, nebeneinander aufgestellt und der Reihe nach geschlagen…“
WIDERLICH!!!
Bei domradio.de wird über diese Pressekonferenz berichtet.
U.a. ist dort die Rede von „…gewalttätigen Ãœbergriffen, die offenbar den Rahmen der bis 1980 in Bayern noch erlaubten Prügelstrafe sprengten…“ Da beeilt man sich also, der geschätzten Leserschaft der Seiten von domradio.de mitzuteilen, dass ja in Bayern bis 1980 die Prügelstrafe noch erlaubt gewesen sei. Soso … Mit Sicherheit wurden Schüler in Bayern nicht in Reihe aufgestellt und dann nacheinander geschlagen!!!
Zu meinem Vor-Kommentar:
Ich präzisiere meinen letzten Satz wie folgt:
Mit Sicherheit wurden in Bayern nicht allgemein Schüler in Reihe aufgestellt und geschlagen.
Auch in der Ordensregel der Benediktiner sind Schläge für Jungen vorgesehen. Und die Benediktiner leben nach dieser Regel und der Benedikt wird als Heiliger verehrt. In Kapitel 45 lese ich: „Infantes autem pro tali culpa vapulent“. „Kinder aber sollen für eine solche Schuld geschlagen werden“. Und die Schuld war damals wie heute oft nur eine kleine bis keine. In diesem kirchlichen Umfeld mit dieser Tradtition braucht man sich über die Berichte nicht zu wundern. Die Söhne des hl. Benedikt haben nur nach ihrer Regel gelebt, wenn sie Kinder gzüchtigt haben.
Es macht mich bestürzt und ärgerlich, das so etwas über Jahr verschwiegen und vertuscht wurde! Man kann sich als gläubiger Katholik nur schämen. An die Adresse von Eva kann ich nur sagen, das ist richtig, dass das in der Regel steht, aber diese alte Regel auf dieses Thema anzuwenden wird ihr nicht gerecht. Ich selber lebe als Benediktineroblate nach dieser Regel und kann nur sagen das der Hl. Benedikt in diesem Werk immer auch mit Milde vorgeht und dem sog. rechten Maß. Also wen man schon in die Geschichte geht und interpretiert dann auch richtig. Also nochmal lesen und zwar ganz!
Lieber Christoph,
ich kenne die Benediktinerregel ganz. Ich halte aber von der Milde des Hl. Benedikts wenig, solange ich in seiner Regel einen solchen Satz lese. Da die Benediktiner diese Regel immer noch als die Richtschnur ihres Lebens nehmen, ist der Bezug nicht weit hergeholt. Auch hier herrscht m.E. eine Kultur des Wegsehens.
Liebe Eva,
ich gebe dir Recht, mit der Kultur des Wegsehen, das ist nicht entschuldbar und muss sich ändern. Da es auch auf alle Gläubigen zurückfällt. Aber ich wollte nur damit sagen, das es mir wichtig ist das man nicht alle die nach der Regel des Hl. Benedikt leben über einen Kamm schert. Ich sehe diesen Satz historisch und er darf unter keinen Umständen an Kinder angewendet werden. MIssbrauch ist das abscheulichste was man einem Kind antun kann. Ich glaube es Zeit auch solche Statuten zu überdenken und überarbeiten, denn eine Regel solche nie starr sein. Liebe Eva über eine Antwort freue mich.