19. August 2010

Ein Ableger in der Eifel – Zum Gründungsjubiläum der Abtei Himmerod

Vor 90 Jahren: „Enkelin“ wurde „Großmutter“ – Himmerod steht mit Marienstatt für den Neustart der Zisterzienser in Deutschland.

Gruppenfoto Konvent Himmerod. Im Garten sitzende Mönche in schwarzweiß.

Das Bild aus dem Jahre 1927 zeigt unter anderem von links Dominicus Schneider aus Atzelgift (2.), Prior Wilhelm Wellstein (4.), Abt Münz (5.), den späteren Abt Vitus Recke (6.) und Michael Kires (7.), den späteren Pfarrer von Marienstatt.

Als „ein überaus bemerkenswertes Ereignis in der Geschichte von Marienstatt“ bezeichnete der Hauschronist des Klosters, Pater Gilbert Wellstein „die Wiederbelebung der alten und berühm­ten Abtei Himmerod bei Wittlich in der Eifel“ vor jetzt genau 90 Jahren. Und das ist in der Tat mehrfach bemerkenswert. Von Himmerod war nämlich einst das Mutterkloster von Marienstatt – Heisterbach im Siebenge­birge (1188) – gegründet worden. Der erste Abt von Marienstatt, der sel. Hermann, war Mönch von Himmerod und ist auch dort verstorben. Und dann nach dem Ersten Weltkrieg kehrten sich die Vorzeichen um.

Himmerod war seit der Französischen Revolution Ruine. Lebendig war nur das Echo, das Wanderer vom markierten Aussichtspunkt hervorriefen. Und nun sollte es die „Enkelin“ von einst sein, die das Gemäuer mit menschlichem Leben und Wirken füllen würde. Der konkrete Anstoß indes kam von außen.

Junge Mönche aus dem Trappistenkloster Mariastern in Bosnien hatten als Soldaten bei Kaiser Franz-Josef gedient. Als die Donaumonarchie zerfiel, waren die deutschstämmigen Mönche heimatlos geworden, weil ihnen die jugoslawische Regierung den Grenzübertritt verweigerte. Sie entschlossen sich, nach einer Bleibe in Österreich oder Deutschland zu suchen. Schließlich kamen sie über ihren Mitbruder Anastasius Plein aus Speicher in der Eifel zum Zug und konnten im Herbst 1919 das Ruinenfeld von Himmerod samt Nebengebäuden, Altenhof und Nutzland vom Reichs­grafen von Kesselstatt käuflich erwerben.

An die Einrichtung eines Klosters knüpfte aber der zuständige Bischof von Trier die Bedingung, dass die Mönche Aushilfe in der Seelsorge leisteten. Als „reformierte Zisterzienser“, wie die Trappisten offiziell heißen, mussten sie sich neu orientieren und wandten sich an Marienstatt als das nächstliegende Kloster des Ordens.

Hier fand man Gehör. Seit der Wiederherstellung der Westerwälder Abtei träumte man dort lebhaft von dem Aufleben anderer alter Klöster, wie man aus Briefen des Abtes und nachmaligen Limburger Bischofs, Dominicus Willi, weiß. Abt Eber­hard Hoffman, ein gebürtiger Westerwälder aus Nauroth, entsandte einige Mönche und Laienbrüder unter dem Prior Wilhelm Wellstein nach Himmerod, um mit den bisherigen Trappisten eine Gemeinschaft nach Marienstatter Muster aufzubauen. Das lief so gut, dass Papst Pius XI. bereits im November 1922 Himmerod als Abtei bestätigte. Erster Abt wurde der bisherige Verwalter von Marienstatt, Pater Karl Münz aus Oberbrechen. Gerne sagte man seitdem, hier habe „die Enkelin die Großmutter wiederbelebt“.

Umgekehrt konnte sich Himmerod dankbar revanchieren. Als 1947 die Renovierung der Abteikirche Marienstatt abgeschlossen war, stellte ein Trupp von Laienbrüdern aus der Eifel seine Arbeitskraft bei der Vollreinigung der Baustelle und Vorbereitung der Einweihungsfeier.

(H.-J. Roth)

Lesermeinungen

10 Kommentare zu “Ein Ableger in der Eifel – Zum Gründungsjubiläum der Abtei Himmerod”

  1. hjb
    23. August 2010 11:56

    Gestern wurde mit einem Pontifikalamt des Jubiläums gedacht. Herzliche Glück- und Segenswünsche den Mönchen von Himmerod. Leider besteht der Konvent aus nur 10? Mitgliedern. Das ist sehr schade. Wo doch seit Jahren für das Image viel viel Geld ausgegeben wurde und wird..- Ob all das, was dort getan wird, Mönche tun sollten?

  2. housestudentin2
    23. August 2010 19:06

    @hjb. was tun denn die himmeroder so grenzwertiges? die machen doch nicht mal seelsorge, soweit ich das überblicke; keine pfarrei. gästehaus, museum, klosterladen und fischerei sind klassische aktivitäten der klöster. ohne action keine kohle, schliesslich müssen die umfangreichen gebäude ja mit millionen-geldern erhalten werden, möglichst ohne spenden und mit möglichst wenig staatlichen zuschüssen. wie stellst du dir denn das monastische leben im 21. jh. vor? zwischen den gebetszeiten mal ein bisschen geistliche lesung und wenns hoch kommt, mal aweng ernte im klostergarten? ausserdem wird bei diesem geringen personalstand sowieso die hälfte des konvents vermutlich nicht mehr arbeitsfähig sein. die arbeit wird also von angestellten erledigt…

    aber, du hast insofern recht, der neue internetauftritt wird bestimmt keine interessenten fürs klosterleben ansprechen, dafür liegt der focus zu sehr auf den wirtschaftlichen aktivitäten, das spirituelle kommt definitiv zu kurz. aber da können die mönche auch nichts für, das liegt schon primär an der werbeagentur…

  3. hjb
    24. August 2010 09:30

    @housestudentin2
    Präziser: Ich glaube nicht, dass auch nur einer in das Noviziat eintreten, Gelübde ablegen und schließlich bleiben wird, weil z. B.:
    -ein Mönch ein Sudanprojekt unterhält und Wanderwochen unternimmt,
    -hochklassische musikalische Events stattfinden oder auch eine Vereidigung von Bundeswehrsoldaten,
    -dass auf dem Klostergelände Projekte durchgeführt werden, welche originär nichts mit dem Mönchsleben zu tun haben wie Emaille-Arbeiten usw. ahnlich dem unserer katholischen Akademien,
    – dass für sehr viel Geld eine der modersten Photovoltaik-Anlagen errichtet wird, oder Naturschutzprojekte durchgeführt werden.
    Das alles trägt nicht dazu bei einzutreten und zu bleiben.
    Ich weiß, wie schwer es ist ein Leben , einen Lebensstil zu führen, der junge Menschen fragen lässt: Vater gib mir ein Wort, oder ich bleibe bei dir:
    Nachmachen, was andere schon tun gilt meines erachtens nicht. Jede Abtei, jedes Kloster hat eine eigene Spiritualität und ein eigenes Charisma. Das sollte entdeckt und herausgestellt werden.
    Dameit kein falscher Eindruck entsteht: Himmerod ist ein wunderbares Kloster.

  4. housestudentin2
    24. August 2010 15:49

    @hjb. ich kenne die gemeinschaft nicht. aber auf dieser komischen homepage von himmerod wird auch nicht im mindesten der versuch unternommen, ein selbstverständnis des klosters zum ausdruck zu bringen. diese seite ist ein reiner und graphisch nicht besonders geglückter, aufgeblähter veranstaltungskalender. besonders charakteristisch sind die auffälligen und wirklich unverschämten links zum ersteller dieser seite. von zisterziensischer spiritualität und deren umsetzung in himmerod – keine spur… so gehts wirklich nicht in richtung zukunft! und: das social networking kann man sich bei so einem missglückten auftritt auch gleich sparen…

  5. Mette02
    27. August 2010 09:33

    FRAGEN:
    >Wozu braucht man Klöster?
    >Wem nutzen sie?
    >Warum sollte jemand in ein Kloster eintreten?
    >Wozu Mönche und Nonnen?

  6. housestudentin2
    27. August 2010 17:39

    du willst es also ganz genau wissen, mette02.
    das monastische leben ist dem wesen nach ein zweckfreies leben. für die gesellschaft bringt es keinen nutzen, es ist also überflüssig. abgesehen von einigen wenigen gemeinschaften, die sich um randgruppen der gesellschaft kümmern und ihnen das überleben ermöglichen, leistet heute eine vielzahl von klöstern dinge (etwa: käse produzieren und verkaufen, schulen betreiben), die getrost auch andere leisten könnten. also: wir brauchen keine klöster!
    aber: ich bin froh, dass es dieses zeichenhafte leben noch gibt, das uns deutlich macht: utilitarismus ist nicht alles. es gibt leben jenseits der nützlichkeit. jeder von uns durchläuft in seinem leben phasen, wo er der gesellschaft keinen nutzen bringt: als kind, als schüler, als student, als arbeitsloser, als kranker, als behinderter, als alter und gebrechlicher mensch, der auf hilfe angewiesen ist. auch in diesen lebensphasen hat das leben seinen wert. übrigens auch deswegen, weil man als hilfebedürftiger auf professionelle hilfe angewiesen ist, die wiederum arbeitsplätze schafft.

    zurück zu den mönchen und nonnen. ursprünglich war es ja so, dass die mehrzahl der orden ihren lebensunterhalt und alles was damit zusammenhängt selbst bestritten haben und also autark waren. sie hatten sich aus der gesellschaft zurückgezogen und unabhängig ihr eigenes ding gemacht. da konnte ja eigentlich niemand meckern… heute allerdings sieht die sache etwas anders aus: es gibt immer noch unzählige ordensleute, die meinen, ein verbrieftes recht darauf zu haben in herrschaftlichen historischen bauten zu leben, auch wenn sie nur mehr ein kleines häuflein übriggebliebener sind. da setzt meine kritik an: wenn sich diese gemeinschaften die sanierung und renovierung ihrer gebäude leisten können, dann ists gut. aber: dies ist in den seltensten fällen so.
    ich nehme mal das beispiel plankstetten. 25 mio euro sind für die augenblickliche sanierung der klostergebäude (ausschliesslich der klosterkirche!) angesetzt. das muss man sich mal auf der zunge zergehen lassen – 25 mio eur, wahnsinn, für 17 mönche, tendenz fallend. finanziert wird das ganze naturgemäss über eu, bund, staat und spenden und aweng eigenbeteiligung.
    das ginge auch anders: ich erwähne immer wieder gerne die abtei val notre dame in canada. die haben, weil immer kleiner werdend, ihre weitläufige bude in oka einfach verkauft und sich ein ihnen wirklich entsprechendes und praktisches neues kloster (alten- und behindertengerecht) ohne schnickschack und trotzdem stylisch für gerade mal 10 mio dollar hinstellen lassen. ein pflegeleichtes objekt, das auch in zukunft keinen hohen sanierungsbedarf haben wird. das nenne ich zeitgemäss und authentisch. alles andere ist klosterromantik auf kosten der steuerzahler…und der gesellschaft nicht mehr vermittelbar.

  7. Mette02
    28. August 2010 11:06

    Danke, liebe housestudentin2, für die ausführliche Antwort.
    Nur, meine Fragen sind eher grundsätzlicher Art.
    Da ich selbst aus dem Gesundheitswesen komme, weiß ich was Ordensleute geleistet haben und z.T. noch leisten. Aber auch diese Aufgaben nehmen heute vermehrt „weltliche“ Angestellte war. Und das noch mit möglicherweise besserer Qualifikation.
    Natürlich ist es ein Wahnsinn Millionen auszugeben, für eine kleine Gemeinschaft von Ordensleuten, die es in ein paar Jahren eh nicht mehr gibt.
    Nein, meine Kritik setzt eher da an, wo es darum geht sogenannten „Verzicht für das Himmelreich“ zu leisten. Die „Kirche“ erteidigt den Ordensstand natürlich wortreich, aber in der Bibel finde ich nicht wirklich etwas, was von einem Menschen einen solchen Schritt verlangt. Im Gegenteil… Hütet euch vor den Leuten in langen Gewändern….
    Ãœber den Verzicht auf Sex wil ich hier gar nicht erst eingehen. Das ist ein ganz eigenes Thema.

  8. housestudentin2
    28. August 2010 20:00

    ok, dann will das jetzt mal grundsätzlicher anpacken. ich würds mal so sagen: das monastische leben ist eine alternative lebensform zum herkömmlichen bürgerlichen leben. also: keinen ehepartner und keine kinder, dafür eine gemeinschaft von brüdern und schwestern. solche lebensformen gibt es in allen religionen, sie sind keine erfindung der kath. kirche. der mönch ist sozusagen ein menschlicher archetyp, den der eine oder andere für sich entdeckt. die konkreten motive für die entscheidung zu einer solchen lebensform sind unterschiedlich.
    zum thema sex: es gibt auch ausserhalb religiöser gemeinschaften menschen, die keine neigung zum partnerschaftlichen leben verspüren, oder von ihrer psychischen entwicklung her dazu nicht in der lage sind. auch gibt es menschen, die von haus aus, oder in bestimmten lebensphasen keine oder eine nur geringe libido haben, aus welchen gründen auch immer. ein übermässig mit testosteron gesegneter mann wird kaum den weg ins kloster finden, der wird andere wege beschreiten. und: ich hielte es für problematisch, wenn lauter 19 jährige ins kloster gehen würden und keine möglichkeit mehr hätten, sich auszuprobieren im leben. aber heute dürfte das durchschnittliche eintrittsalter so bei knapp 40 jahren liegen. diese leute hatten genügend zeit heterosexuelle und/oder homosexuelle erfahrungen zu machen.
    zum thema ordensleben und hl. schrift. sicher: jesus war kein mönch, der in einem kloster lebte. aber er war auch kein braver familienvater, sondern lebte in geschwisterlicher gemeinschaft mit seinen jüngern und weiblichen fans. vielleicht kann man ihn als gyrovagen bezeichnen, das waren möche, die von einem ort zum anderen zogen, also ein eher unstetes leben führten, auch das war mal eine ausprägung des mönchtums…

  9. Mette02
    28. August 2010 21:13

    @housestudentin2
    Ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen und wünsche Ihnen von Herzen alles Gute!

  10. TiBi
    30. August 2010 20:22

    @housestudentin2

    mit Testosteron übermässig bedachte Mönche gab es am Aloisiuskolleg in Bonn Bad Godesberg aber schon.. Gelle? (sorry, ich weiss, ist ne andre Rubrik..)

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