20. Oktober 2010

Speinsharter Klosterkirche öffnet zum Rosenkranzfest wieder die Portale

Speinshart – Nach fast zweijähriger Bauzeit wird am Wochenende (23./24. Oktober 2010) mit dem Rosenkranzfest im Kloster Speinshart ein erster Abschnitt der umfangreichen Sanierungsarbeiten an der Pfarr- und Klosterkirche „Maria Immaculata“ abgeschlossen.

Seit Januar 2009 war der reich stuckierte Innenraum der Stiftskirche hinter Baugerüsten und weißen Abdeckplanen versteckt. Nach dem die Arbeiten an der Raumschale nun weitgehend abgeschlossen sind, konnten in den letzten Wochen die Gerüste abgebaut werden. Das Ergebnis kann ab dem Wochenende bestaunt werden.

Barocke Stuckdecke mit Deckenmalerei

Blick zur Decke im Presbyterium (Foto: Abtei Speinshart)

Neue Raumfassung

Staunen werden viele Besucher, denn der Innenraum hat eine „neue“ und doch „wieder alte“ Farbfassung bekommen: Nach vielen Diskussionen und Gesprächen haben sich das Landesamt für Denkmalpflege, das staatliche Hochbauamt sowie die Klostergemeinschaft zusammen mit den verantwortlichen Restauratoren für die eigentliche barocke Raumfassung entschieden: Rot und Weiß. Sämtliche Rücklagen hinter den Seitenaltären und an der Decke – zwischen den weißen Stuckaturen und den Fresken – sind nun rot gestrichen. Der Kontrast zwischen dem strahlend weißen Stuck und den roten Deckenflächen ist mehr als beeindruckend. Bei der letzten Renovierung in den 50er Jahren versuchten die Beteiligten die ursprüngliche Farbgestaltung herzustellen. Die Befunde ergaben damals, dass der erste Anstrich auf den Putzflächen zwischen den Fresken und Stuckaturen an der Decke ein heller Gelbton ist. So waren alle Verantwortlichen damals der Meinung, dass diese gelbe Farbfassung die bauzeitliche Farbgestaltung des Innenraumes sei. Doch dem ist nicht so: Wie die Untersuchungen bei der jetzigen Restaurierungsmaßnahme gezeigt haben, diente der gelbe Farbton als Voranstrich für das Rot. Dieser Denkfehler konnte nun wissenschaftlich belegt werden. Das „neue“ und doch „wieder alte“ Rot passt sich perfekt in den Raum ein. Der Rotton findet sich in den Fresken wieder. Auch die aus Stuckmarmor gefertigten Seitenaltäre zielen farblich auf dieses Rot hin. Die neue Fassung lässt den Stuck leben – es existiert nun wieder ein Kontrast zwischen Malerei, Stuck und Deckenflächen der dem Raum eine absolut noble Stimmung gibt.

Kartierung, Reinigung und Sicherung

Klosterkirche Speinshart Blick zum Hochaltar

Klosterkirche Speinshart Blick zum Hochaltar

Bevor aber die Raumschale neu gefasst werden konnte, gab es eine Menge anderer Arbeiten: Nach dem Aufbau des gigantischen Gerüstes wurden zunächst lose Stuckteile sichergestellt. Alle Schäden in der Raumschale wurden in ein Verzeichnis aufgenommen und genauestens dokumentiert – Kartierung nennen dies die ausführenden Restauratoren. Nach der Kartierung, die gewissermaßen die Grundlage für alle weiteren Maßnahmen am Objekt bildet, wurden die Stuckaturen und Putzflächen vom Staub der letzten Jahrzehnte gereinigt und anschließend gefestigt. Anschließend wurden fehlende Teile ergänzt. Mehrere Wochen waren spezialisierte Restauratoren mit dem ergänzen von Blüten und verschiedenen Körperteilen der monumentalen Engeln- und Heiligenfiguren beschäftigt. Zeitgleich begannen andere Restauratoren sich über die über 100 Fresken an den Decken- und Wandflächen zu machen. Verschiedene Schadensbilder zeigten sich. Mit größter Sorgfalt wurde beispielsweise ein Engel aus einem Fresko ausgeschnitten und die bemalte Putzfläche von der Decke getrennt. Der Grund für diese atemberaubende Aktion. Zwischen dem Mauerwerk der Decke und dem Putz des Freskos haben sich Salze gebildet und drohten nun das Bild durch die Ausblühungen zu zerstören. Das Mauerwerk wurde nach dem Abnehmen der Putzschicht behandelt und wenige Wochen später, konnte das lose Freskoteil wie ein Puzzle wieder eingepasst werden. Heute ist an diesem Deckenbild nichts mehr von dieser Maßnahme zu sehen. Die Schnittstellen wurden verkittet und retuschiert – also farblich angepasst. Im Frühjahr 2010 begann dann die Neufassung des Innenraumes. Zunächst wurden alle Stuckelemente in einem abgetönten Weißton neu gestrichen. Dann kam auf die gelbe Fassung der 50er Jahre das Rot. Zunehmend zeigte sich der Innenraum wieder in einer farblichen Einheit die leider seit der letzten Renovierung unterbunden war.

Altes Schlagwerk aktiviert

Auf der Orgel wurden nach dem Einrüsten die beiden Schellen des Schlagwerks zur Uhr im Hochaltar wiederentdeckt. Schnell waren sich alle Verantwortliche einig, dass dieses Schlagwerk künftig wieder auf die viertel und vollen Stunden akustisch aufmerksam machen soll. So wurden zwei neue Magnethämmer montiert die nun von der Turmuhr aus gesteuert werden. Die große Orgel der Klosterkirche wird noch nicht zu hören sein. In den nächsten Wochen muss sie noch gereinigt und neu gestimmt werden. Fast zwei Jahre wurde sie nun nicht gespielt. Zum Rosenkranzfest wird in diesem Jahr die Messe in G-Dur von Max Filke für Orgel, Chor und Streicher aufgeführt. Eine kleine Orgel aus der privaten Kapelle der Speinsharter Chorherren steht jetzt an Stelle der einstigen Chororgel auf der unteren südlichen Empore im Presbyterium. Im Rahmen der Säkularisierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die historische Chororgel nach Griesbach veräußert. Der Rokoko-Prospekt ist dort noch erhalten. Bis die große Orgel gereinigt und gestimmt ist, wird diese kleine moderne Orgel den Gesang bei den Gottesdiensten begleiten, so eben auch beim Rosenkranzfest 2010.

Nächster Bauabschnitt: Außensanierung

Während nun im Innenraum die letzten Arbeiten an der Raumschale stattfinden, damit das Rosenkranzfest gefeiert werden kann, sind an der Fassade die nächsten Handwerker tätig. Bis Ende November soll die gesamte Fassade der Klosterkirche eingerüstet sein. Dem Winter über laufen dann verschiedene Untersuchungen am Mauerwerk. Mit dem Temperaturanstieg im Frühjahr soll dann der Außenanstrich erfolgen. Bis zum August 2011 – so ist es der Wunsch aller Verantwortlichen dieser Baumaßnahme – können dann die Gerüste wieder abgebaut werden. Im Inneren stehen in den nächsten Wochen ebenfalls noch etliche Aufgaben an: Die gesamte Elektroausstattung und die Beleuchtung muss erneuert werden. Derzeit ist im Innenraum eine Musterachse für die neue Beleuchtung zusehen. Ein Projektant aus Nürnberg hat sie entwickelt. Zudem sind noch Restaurierungsarbeiten an den Ausstattungstücken wie etwa an den Altären und den Kirchenbänken.

Orte der Gegenwart Gottes

Altar und Lesepult

Provisorischer Altar und Lesepult

Nur provisorisch sind die liturgischen Orte zum Rosenkranzfest ist die Klosterkirche eingerichtet in der vergangenen Woche eingerichtet worden. Bis zum Herbst 2011 soll es einen neuen Volksaltar, einen Ambo sowie neue Sedilien geben. Vorläufig dient nun ein „Provisorium“ bis eine endgültige Lösung realisiert werden kann. Nach Plänen von Frater Lukas Prosch fertigte Reinhold Reinl aus Tremmersdorf Altar, Ambo und Kredenztisch für den Altarbezirk. Das Bodenniveau des Chorraumes wurde vor der noch existierenden Kommunionbank um gut zwei Meter nach vorne zur Gemeinde hin verlängert. Auf dieser neuen Plattform steht nun der Altar. Von dieser Plattform springt der neue Ambo etwas in den Gemeinderaum hinein. Bisher diente das historische Lesepult, das eigentlich zum Chorgestühl gehört, als Ambo. Das Lese- oder auch Kantorenpult steht nun wieder an seinem alten Platz in der Mitte des Presbyteriums. Der Kredenz- oder auch Gabentisch genannt steht auf dem gleichen Bodenniveau der versammelten Gemeinde. So soll deutlich werden, dass die Gaben von Brot und Wein aus der versammelten Gemeinde zur gemeinsamen Feier der Eucharistie gebracht werden.

Der Altar als Mitte der Gemeinde

Der Wunsch von Pfarrer P. Adrian Kugler war es, die liturgischen Orte näher bei der Gemeinde zu platzieren. So wird auch der Priestersitz bei den Gemeindemessen in unmittelbarer Nähe zum Altar vor dem Presbyterium sein. Bei den großen Pontifikalgottesdiensten dagegen wird der Abt seinen Platz vor dem Hochaltar haben – so auch beim anstehenden Rosenkranzfest. Auf diese Weise wird auch das Presbyterium mit dem Chorgestühl in die liturgische Feier mit einbezogen. Die neuen liturgischen Orte wurden aus Holz gefertigt. Die abschließenden Platten sind dunkel lasiert. Die tragenden Körper haben eine Sandsteinimitation erhalten. Dazu gibt es vergoldete Rücklagen an den Füßen der Objekte und zwischen den Körpern und den abschließenden Platten. Über die endgültige Gestaltung des Altarraums machen sich in den nächsten Monaten verschiedene Künstler zusammen mit einer Kunstkommission Gedanken.

Gottesdienste zum Rosenkranzfest 2010

Am Samstagabend findet um 19:00 Uhr ein Vorabendgottesdienst in der Klosterkirche statt. Im Anschluss ziehen die Gläubigen in einer Lichterprozession durch das historische Klosterdorf. Am Sonntag ist dann um 9:30 Uhr der Pontifikalgottesdienst zum diesjährigen Rosenkranzfest mit Abt Hermann Josef Kugler. Nach dem Gottesdienst findet eine eucharistische Prozession um das Klosterdorf statt. Am Nachmittag wird um 14:30 Uhr zu einer Pontifikalvesper in die Klosterkirche eingeladen. Diese Vesper bildet gewissermaßen den Abschluss der kleinen Feierlichkeit zur vorläufigen Wiedereröffnung der Klosterkirche.

Lesermeinungen

Was sagen Sie dazu?