9. November 2010

Siegburg: Benediktiner geben Kloster Michaelsberg auf

Siegburg – Die Benediktiner der Abtei Michaelsberg werden ihr Kloster in nächsten Jahr verlassen. Das gaben die Mönche am Montag in einer Erklärung bekannt.

Abtei Michaelsberg

Die Entscheidung fiel in der vergangenen Woche, in der die Kanonische Visitation fortgesetzt worden war, in einem intensiven Gesprächsprozess mit den Visitatoren Abt-Präses Bruno Marin aus Rom, Abt Adrian Lenglet aus der Abtei Vaals (NL) sowie
Altabt Albert Altenähr aus Kornelimünster, der in den letzten Monaten die Siegburger Abtei de facto geleitet hat.

Seit Beginn der Kanonischen Visitation, der Bestandsaufnahme durch die Ordensleitung, im Mai 2010 stelle sich der Konvent der Herausforderung, gemeinsam mit externen Beratern eine wirtschaftliche und geistliche Erneuerung zu gestalten. So wurden defizitäre Wirtschaftsbetriebe geschlossen, Sparmaßnahmen umgesetzt und neue geistliche Ansätze gesucht. Trotz dieser Bemühungen zeige sich nun, dass der Konvent nicht die innere Kraft habe, die eigenen Ansprüche an seine geistliche Identität zu erfüllen und zudem eine stabile finanzielle Zukunft zu sichern. Es fehle in jeder Hinsicht an Substanz, aus der ein neuer Anfang benediktinischer Prägung erwachsen könne, hieß es in der Erklärung weiter.

Das Votum der Mönche und die Einschätzung der Visitatoren bilden nun die Grundlage für die Entscheidung der Religiosenkongregation im Vatikan, die erforderlichen Schritte zur Schließung vorzunehmen. Das geschieht in Abstimmung mit der Leitung der Sublazenser Kongregation, zu der die Abtei Siegburg innerhalb des Benediktinerordens gehört, sowie in engem Kontakt mit dem Erzbistum Köln.

Das Klosterleben auf dem Berg endet aber nicht unmittelbar: Erst Mitte 2011 ist mit personellen Veränderungen zu rechnen. Die erste Konsequenz tritt jedoch schon mit der Schließung des Jugendgästehauses St. Maurus zum Jahreswechsel ein.

Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner brachte heute in einer Erklärung »seine tiefe Trauer« über den Entschluss zum Ausdruck. Damit gehe eine 950jährige Tradition auf dem Michaelberg zuende und das geistliche Leben im Erzbistum Köln werde ärmer.

Der Michaelsberg ist nach der Abtei Weingarten schon das zweite deutsche Benediktinerkloster, das wegen Nachwuchsmangel aufgegeben wird.

Lesermeinungen

7 Kommentare zu “Siegburg: Benediktiner geben Kloster Michaelsberg auf”

  1. hjb
    9. November 2010 14:04

    Diese Nachricht wurde, bevor sie hier zu lesen war, schon längst in den einschlägigen Medien kommentiert. Ich füge hinzu: in den nächsten Jahren folgen noch weitere Abteien. Das hat dann eine andere Qualität als wenn kleinere Ordensniederlassungen geschlossen werden. Immerhin waren die Mönche 1000 Jahre in Siegburg.
    Konservative und altrituelle Gemeinschaften brauchen sich jedoch keine Hoffnung zu machen, von einem deutschen Bischof eingeladen zu werden, ein leerstehendes Kloster wiederzubesiedeln.

  2. Tiramisu
    9. November 2010 18:00

    gähn….. schon längst auf anderen Webseiten gelesen.

  3. housestudentin2
    9. November 2010 18:01

    die abtei grüssau in bad wimpfen wurde ja auch schon aufgegeben…
    stimmt, hjb, es stehen schon etliche abteien auf der warteliste…
    aber: die sog. konservativen und altrituellen gemeinschaften sind auch keine lösung für diese misere. wie wollen die sich denn finanzieren? hauptsächlich über spenden, wie das projekt „gut reichenstein“ deutlich zeigt. viele millionen euros sind nötig um diese halb verfallene hütte herzurichten und vorgesehene neubauten zu erstellen. und wenn das dann fertig ist… wer zahlt den unterhalt? angeblich die mönche selbst, denn es gehören ja 32 (!) ha wald dazu. wahnsinn! einzelne österreichische stifte haben tausende hektar wald und sind selbst damit nicht in der lage sich und die renovierung ihrer gebäude zu finanzieren.

    benediktinisches leben geht heutzutage auch anders, ohne herrschaftliche, historische gebäude, beispielsweise in der kommunität venio in münchen, wo die schwestern halt in teilzeit arbeiten gehen. die haben nachwuchs, dieses konzept funktioniert, auch ohne spenden:
    „wahre mönche aber sind sie, wenn sie von ihrer hände arbeit leben.“ alles andere ist monastische spielerei…

  4. hjb
    10. November 2010 14:12

    Monastische Spielerei ist ein weites Feld. Dazugehörig sind in der Tat rießige Abteien, die nur durch Steuergelder finanziert werden können. Die Siegburger Mönche hatten bereits früher einen Teil der Gebäude nicht mehr selber bewirtschaftet. Natürlich ist es nicht die erste, sondern die letzte Sorge der Mönche, Geld beizuschaffen oder gar anzuhäufen. Vielmehr geht es um deren Lebensweise. Wenn dies aber nur mit hohen Geldbeträgen zu subventionieren ist, damit die Existenz gesichert bleibt, dann ist der Fehler im System. Herr Kardinal von Köln bedauert nun den Fortgang der Mönche. Er könnte aber auch ein entsprechendes Haus/Kloster zur Verfügung stellen, wo die Mönche wirklich von ihrer Hände Arbeit leben könnten. Der Schlenker von housestudentin2, nach Reichenstein ist mindestens an der Stelle fehl am Platze, weil die Mönche erstens selber Hand anlegen, und zweitens keinen Pfennig aus der öffentlichen Hand bekommen; freilich bitten sie um Spenden, was nicht verwerflich ist.

  5. housestudentin2
    11. November 2010 08:19
  6. Rainer Wiethoff
    24. November 2010 03:59

    Wie sich die Zeiten aendern. Vor 50 Jahren konnte sich das Kloster in Siegburg noch einen nagelneuen Mercedes 180 leisten.

  7. Thomas Canter
    24. März 2011 12:02

    Es ist traurig, dass die Abtei geschlossen wird.
    Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind aber nur ein Teil des Problems
    Wer die Siegburger Gemeinschaft kennt, muss sich nicht wundern. Innerhalb des Konventes herr-schen starke Spannungen, die ihre Ursache weit in der Vergangenheit haben.
    Während sich viele Ordensgemeinschaften bereits in den 80`er Jahren geistig und spirituell neu ausgerichtet haben, gab es in Siegburg keinerlei Bestrebungen.
    Die Bemühungen der jüngeren Mitbrüder aus dieser Zeit für einen spirituellen Neuanfang wurden von Seiten des damaligen Abtes Placidus Mittler konsequent abgelehnt. Die Gemeinschaft bestand überwiegend aus Brüdern, denen jegliches geistige Rüstzeug fehlte. Neid, Intrigen und Mobbing waren an der Tagesordnung. So ist es kein Wunder, dass es über viele Jahre Nachwuchsschwierigkeiten gab. Es tut mir besonders für die wenigen jüngeren Mitbrüder leid, die ihre Heimat verlieren, denn sie hätten die Gemeinschaft mit Hilfe des Abtes Raphael erneuern können.
    Die älteren Mitbrüder(insbesondere Altabt Placidus und der damalige Novizenmeister Pater Hiero-nymus Horn) ernten das, was sie gesät haben!

Was sagen Sie dazu?