1. Mai 2012

25 Jahre Selige Edith Stein

Köln – Am 1. Mai 2012 jährt sich zum 25. Mal die Seligsprechung der Karmelitin Edith Stein – Schwester Teresia Benedicta a Cruce. Die Seligsprechung 1987 in Köln während des Deutschland-Besuchs von Papst Johannes Paul II. war ein herausragendes Ereignis nicht nur für das Erzbistum Köln. Am heutigen 1. Mai feierte Weihbischof Dr. Heiner Koch aus diesem Anlass eine heilige Messe im Kölner Karmel – nachstehend Auszüge aus seiner Predigt:

Edith Stein

Edith Stein, Sr. Teresia Benedicta vom Kreuz OCD

„Heute vor 25 Jahren wurde Edith Stein – Schwester Benedicta a Cruce – von Papst Johannes Paul II. in Köln selig gesprochen. Mancher mag sich an die würdige Liturgie im Kölner Stadion erinnern und an die großartigen Worte Papst Johannes Pauls II. über die aus einer jüdischen Familie stammende, nachdenkliche Philosophin, die zum katholischen Glauben konvertierte, in den Kölner Karmel eintrat und in Auschwitz vergast wurde. Auf zwei Strömungen ihrer Zeit hat sie mit ihrem Leben und Wirken geantwortet, auf zwei Strömungen, die auch unsere Zeit heute prägen und in der die Selige Edith Stein auch zu uns spricht:

1. Die Philosophie, die das Denken des ausgehenden 19. Jahrhunderts prägte, hatte Gott weitgehend ins Abseits gedrängt. Für Feuerbach, Marx und Nietzsche war Gott nur etwas für Schwächlinge, die nicht so groß zu sein wagen, dass sie unabhängig von Gott, eigenständig ihr Leben zu gestalten in der Lage seien. Diese Philosophen prägten auch das frühe Denken Edith Steins, aber sie denkt weiter. Sie nimmt wahr, dass der Mensch schon in seiner leiblichen Existenz nicht in sich selber standfest ist: Nur die Schwerkraft der Erde gibt ihm Halt. Auch im Geistigen schöpft der Mensch nicht aus sich selbst und seine Vernunft führt ihn über sich selbst hinaus. Dieses unruhige Suchen führte Edith Stein schließlich in jene Offenheit einer Nacht im Juni 1921, in der sie, bewegt durch Texte der hl. Theresa von Avila, im Innersten getroffen sich entschließt, Christin, Katholiken und Karmelitin zu werden. In dieser Nacht nährt sich ihr der geheimnisvolle Gott, dem sie nahe bleibt auch in den dunklen Abschnitten ihres weiteren Lebens bis ins Martyrium. Ihr Glaube ist kein esoterischer Light-Glaube, sie weiß sich „im Dunkel wohlgeborgen“. Im Dunkel bewährt sich ihr Glaube, im Dunkel bleibt sie Gott treu, der selbst Gethsemani und Golgota erlitten hat.

2. Ein zweites Thema prägt die Philosophie am Ende des 19. Jahrhunderts: Sie rückt den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt ihres Nachdenkens. Das Ergebnis ist ein radikaler Subjektivismus: Menschen stehen nebeneinander mit ihren subjektiven Wahrnehmungen und Welt-Anschauungen. Der Mensch vereinzelt. Edith Stein überwindet diese Vereinsamung des Menschen auf das Du Gottes hin und auf das Du des Mitmenschen. Sie denkt und lebt in Beziehung und in der Hingabe für „alle, die Gott mir gegeben hat“. Dazu gehören ihr jüdisches Volk und die Kirche, der Karmel und ihre Familie, aber auch ihre ungläubigen Freunde und sicherlich auch wir heute. „Komm, wir gehen für unser Volk“, sagte sie zu ihrer Schwester Rosa, als sie am 2. August 1942 von der SS abgeholt wird. Diese Worte zeigen, wie sehr sie in ihrem Denken, Handeln, in ihrem Leben und in ihrem Sterben die tödliche Vereinzelung vieler Menschen überwindet, in ihrer Hingabe, in der sie sich hineingegeben hat in die Hingabe Gottes, die alles Böse und alle Sünde überwindet.

25 Jahre sind seit der Seligsprechung nun vergangen, aber die geistigen Strömungen ihrer Zeit, die Edith Stein in ihrem Leben aufgegriffen und in ihrem Leben und Sterben überwunden hat, prägen sicherlich auch die Zeit, in der Edith Stein selig gesprochen wurde genauso wie unsere Tage 25 Jahre nach ihrer Seligsprechung. Prägt uns aber auch Edith Stein, die Gott uns als Botschaft in unserer Zeit geschenkt hat? „Mein Herr und mein Gott, du hast mich einen langen, dunklen Weg geführt, steinig und hart. Oft wollten meine Kräfte mir versagen. Fast hofft ich nimmer, je das Licht zu schaun, doch als im tiefsten Schmerz mein Herz erstarrte, da ging ein klarer milder Stern mir auf. Wo immer meines Lebens Straße geht, bist Du bei mir, nichts kann von Deiner Liebe je mich scheiden“ (Edith Stein).“

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