10. Dezember 2012

Kein Geld, kein Sex, gehorsam sein – Gelübde heute

Der Steyler Missionar Severin Parzinger erklärt die Bedeutung der Ordensgelübde für sein Leben

Dass er aus Bayern kommt, hört man ihm sofort an. Dass der große blonde junge Mann ein Ordensmann ist, sieht man auf den ersten Blick aber nicht: Severin Parzinger. Er lernte die Steyler Missionare während seines Einsatzes als Missionar auf Zeit in Bolivien kennen. 2010 ging er ins Noviziat – eine einjährige Kennenlernzeit, in der sich die jungen Männer, aber auch der Orden, darüber sicher werden sollen, ob sie zusammen passen. Für Severin und den Orden passte es. Seit diesem Sommer studiert Severin an der ordenseigenen Hochschule der Steyler Missionare in Sankt Augustin.

Schon während seiner Noviziatszeit beschäftigte sich Severin mit den Ordensgelübden „Armut“, „Keuschheut“ und „Gehorsam“. Eine fortwährende Auseinandersetzung, die ihn auch bei seinen Spaziergängen im winterlichen Gründungsort Steyl beschäftigt und die er hier erklärt:

„Die drei Gelübde, die ich bei meiner Erstgelübde-Feier im Februar diesen Jahres versprochen habe, sind Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam.

Kein Geld

Das Gelübde der Armut beinhaltet für mich mehr als nur einen einfachen Lebensstil. Dieser gehört natürlich ganz klar dazu. Darüber hinaus aber und vor allem bedeutet dieses Gelübde mir, alles loszulassen, mir meine persönliche Begrenztheit und Abhängigkeiten einzugestehen. Das Armutsversprechen richtet sich gegen jede materielle, oberflächliche Befriedigung von Bedürfnissen. Dieses Gelübde ist mein Ausdruck der gelebten Solidarität mit den armen und randständigen Menschen. Es ist mein „Ja“ zum Leben.

Kein Sex

Mit den gewohnten Bezeichnungen für das zweite Gelübde, Ehelosigkeit oder Keuschheit, kann ich persönlich nicht viel anfangen. Sie klingen für mich negativ oder althergeholt. Ich würde die damit gemeinte Lebensentscheidung eher „Gelübde der Liebe“ oder „Gelübde der Hingabe“ nennen. Denn es geht dabei für mich nicht nur darum, keine Beziehung mit einer Frau zu haben oder Verzicht auf Sex. Vielmehr soll es meine Haltung sein, alles Gott hinzuhalten, mich ihm ganz zu überlassen, bedingungslos. Es bedeutet Lieben statt Beherrschen, Schenken statt Nehmen und Rauben. Das Gelübde der Liebe ist mein persönliches Zeugnis gegen jeden Missbrauch von Sexualität und Liebe. Mein „Ja“ zur Liebe.

Gehorsam sein

Ebenso kommt es für mich beim Gelübde des Gehorsams nicht darauf an, sich alles diktieren zu lassen oder nur Befehlen zu gehorchen. Sondern die Welt so wahrzunehmen, wie sie ist, alles das anzunehmen, was das Leben mir bringt. Das Gehorsamsgelübde ist ein klarer Protest gegen jede Unterdrückung und Ausbeutung von Menschen und Natur. Aber auch gegen unsere „Beweissucht“, immer alles genau wissen zu wollen, bis ins kleinste Detail; „Ich glaube nur das, was du mir zeigen und beweisen kannst!“. Das ist meiner Meinung nach zu kurz gegriffen. Ein gelebtes, grenzenloses Vertrauen in Gott und die Mitmenschen dagegen findet seinen Ausdruck im Gehorsamsgelübde. Und Vertrauen kann man nicht beweisen. Mein klares „Ja“ zu Freiheit und Vertrauen.

In der intensiven Beschäftigung in den letzten Monaten mit diesen Themen wurde ich ziemlich überrascht, als ich feststellte: Diese Gelübde, das ist ja gar nichts Neues in meinem Leben, nichts Aufgesetztes. Sie sind vielmehr die kontinuierliche Fortführung dessen, was in meinem bisherigen Leben schon präsent und prägend war, was jeder Mensch in unterschiedlicher Weise lebt, bewusst oder unbewusst. Das Versprechen der Gelübde ist mein bewusstes „Ja“ zu dem Leben, das Gott mir schenkt; ein vertrauensvolles „Ja“ zu meiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.“

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