18. Juni 2015

Brandanschlag auf Kloster Tabgha und Brotvermehrungskirche

Tabgha, Israel – Ein mutmaßlicher Brandanschlag in der vergangenen Nacht zerstörte große Teile des Benediktiner-Klosters Tabgha. Der Vorraum der Kirche brannte bis auf die Grundmauern nieder. Zwei Menschen wurden leicht verletzt.

Die Zerstörungen nach dem Brandanschlag (Foto: DVHL)

Die Zerstörungen nach dem Brandanschlag (Foto: DVHL)

Gegen 3.10 Uhr in der Nacht wurde das Feuer im Vorraum der Brotvermehrungskirche von den Mönchen und Volontären bemerkt, die sofort selbst mit den Löscharbeiten begannen. 30 Minuten später erreichte die Feuerwehr den entlegenen Ort am See Gennesaret. Das Atrium, südliche Teile der Klosteranlage mit Büroräumen und die Klostertür zu den Wohnräumen der Mönche wurden zerstört. Die Polizei fand vor Ort ein rotes Graffiti mit der hebräischen Aufschrift „Falsche Götzenbilder müssen zerschlagen werden“. Dies lege den Verdacht nahe, dass es sich um einen Brandanschlag mit national-religiösem Hintergrund handle, so ein israelischer Polizeisprecher.

Mit dem Verdacht auf Rauchvergiftung wurden ein Benediktiner und eine Volontärin des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande ins Krankenhaus gebracht. Die Volontärin ist mittlerweile wieder zurück, der Pater bleibt zur Beobachtung im Krankenhaus.

Die Mönche sind erschüttert: „Tabgha ist ein Ort des Friedens und der Begegnung. Dass ausgerechnet dieser Ort angegriffen wurde ist einfach furchtbar. Dieser Brandanschlag ist kein Angriff auf ein Kloster, sondern auf Demokratie, Religionsfreiheit und Menschlichkeit“, so Benediktinerpater Nikodemus Schnabel. „Es ist ein Wechselbad der Gefühle. Erst die Erschütterung durch den Anschlag. Dann eine Menschenmasse aus Drusen, Rabbinern, Bischöfen, Melkiten, Lutheranern und vielen mehr, die gemeinsam Flagge gegen diese Gewalt zeigen. Das hat mich sehr berührt. Die Extremisten wollten uns ihren Hass spüren lassen, aber hier stehen die Zeichen auf Liebe und Solidarität.“

Hass-Graffiti an der Klostermauer

Hass-Graffiti an der Klostermauer (Foto: DHVL)

Eine Delegation aus deutschen Bischöfen und Rabbinern, die sich derzeit auf Pilgerreise im Heiligen Land befindet, äußerte sich über alle Maßen bestürzt und fuhr umgehend zum Ort des Geschehens. Sie verurteilten die Tat scharf und stellten klar, dass der Anschlag die Verbundenheit von Juden und Christen, deren Ausdruck auch diese gemeinsame Reise war, nicht beeinträchtigen könnte.

Der Klosterbau war erst im Jahr 2012 feierlich eröffnet worden. Noch vor wenigen Wochen hatte der Erzbischof von Köln, Kardinal Rainer Maria Woelki, in seiner Eigenschaft als Präsident des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande, dem das Gelände gehört, das Kloster während seiner Antrittsreise besucht. „Solch ein Anschlag macht mich ratlos und traurig. Die Brotvermehrungskirche ist ein besonderes Zeichen des friedlichen Zusammenlebens. Umso erschütternder ist dieser Gewaltausbruch.“

Auch Bernd Mussinghoff, Leiter des Jerusalem-Büros des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande, zeigte sich schockiert über das Ausmaß der Zerstörung. „Gleichzeitig erwarten wir jedoch auch ein beherztes Durchgreifen der Behörden. Die Täter müssen zur Verantwortung gezogen werden“, so Mussinghoff.

Die Brotvermehrungskirche steht an der Stelle, wo nach christlicher Tradition der biblische Ort der wundersamen Brotvermehrung lokalisiert wird. Der Deutsche Verein vom Heiligen Lande erwarb das Grundstück 1889 samt der teilweise ausgegrabenen Ruinen. Erst in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts begann der Neubau der heutigen Brotvermehrungskirche. 1939 übertrug der DVHL den Benediktinern der Dormitio-Abtei in Jerusalem die Betreuung Tabghas. Nach fünfjähriger Bauzeit wurde das neue Kloster im Mai 2012 feierlich eingeweiht.

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