Antoniter


Der Antoniterorden (Canonici Regulares Sancti Antonii, CRSAnt), auch Antoniusorden, Antoniter oder Antonianer genannt, war ein Hospitalorden, der um 1095 als Laienbruderschaft in La-Motte-aux-Bois, seit dem 14. Jahrhundert St-Antoine(-en-Viennois) genannt, in der Dauphiné in Südfrankreich gegründet worden war.

Seine Aufgabe war die Pflege und Behandlung am sog. Antoniusfeuer Erkrankter, einer im Mittelalter in Europa weit verbreiteten Krankheit, die durch den Verzehr von pilzbefallenem Getreide, vor allem Roggen, verursacht wird (Mutterkornbrand, wissenschaftl. Ergotismus).

Geschichte

Antoniterkreuz

Das Antoniterkreuz, Abzeichen der Antoniter

Papst Urban II. bestätigte den Orden 1095 als Laienbruderschaft, die Frauen wie Männern offenstand. Erst als Papst Innozenz IV., der bedeutendste Förderer des Ordens, am 22. April 1247 die Bruderschaft zu einem Orden mit Augustinusregel machte, waren nur noch Männer vollwertige Ordensmitglieder. 1298 wurden die Antoniter von Papst Bonifatius VIII. zu Regularkanonikern gemacht. Aus dem bisherigen Spitalmeister wurde ein Abt.

Das Stammkloster des Ordens befand sich in St. Antoine im Département Isère, Frankreich, wo sich seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts die angeblichen Gebeine des hl. Eremiten und Mönchsvaters Antonius befinden. Dort soll der französische Adlige Gaston den Orden zum Dank für die Heilung seines Sohnes vom Antoniusfeuer gestiftet haben. Ursprünglich der Betreuung von heimkehrenden Pilgern gewidmet, konzentrierte sich die Tätigkeit der Antoniter seit 1217 auf die Krankenpflege.

Durch seine Erfolge bei der Heilung des Antoniusfeuers und seine günstige Lage an der Pilgerstraße nach Santiago de Compostela breitete sich der Orden in den Folgejahren über Frankreich hinaus aus und unterhielt im 15. Jahrhundert annähernd 370 Spitale in ganz Europa. Die letzte Neugründung war 1514 Lennewarden in Livland.

Struktur

Der Orden war streng zentralistisch organisiert. Alle Niederlassungen (Präzeptoreien) unterstanden dem Mutterkloster in Saint-Antoine, das 1297 – nach der Vertreibung der ursprünglich dort ansässigen Benediktiner, denen die Kirche des Ortes 1083 geschenkt worden war und die dort ein Priorat unterhielten – in den Rang einer Abtei erhoben worden war.

Jedes Haus hatte einen genau festgelegten Zuständigkeitsbereich für die Krankenbetreuung und die Spendensammlung. Die unterste Gliederungseinheit war – in Anlehnung an die Ritterorden – die Ballei. Mehrere Balleien wurden zu einer selbständigen Präzeptorei zusammengefasst, die wiederum den Generalpräzeptoreien unterstanden, deren Zahl später auf 42 festgeschrieben wurde. Allerdings hatten nicht alle Generalpräzeptoreinen unterstellte Präzeptoreien.

Mehrere erhaltene Urkunden belegen, dass die Zuständigkeit eines Hospitals für einen Bezirk streng eingehalten wurde. Kranke, die sich an das falsche Hospital gewandt hatten wurden so schnell wie möglich an das zuständige Haus überstellt.

Niedergang

Die Gemeinschaft lebte hauptsächlich von Stiftungen und Spenden. Bedeutend waren die mit einem Ablass verbundene, Quest genannte jährliche Almosensammlung und für den Orden kostenlos aufgezogenes Vieh, die sog. Antoniusschweine.

In Folge der Reformation, die die generalstabsmäßig organisierte Sammeltätigkeit der Antoniter verurteilte, und der Hugenottenkriege gingen die Geldmittel stark zurück. Das Terminierverbot des Konzils von Trient tat ein Übriges. Mit der Entdeckung des Zusammenhangs zwischen mit Mutterkornpilz befallenem Getreide und Antoniusfeuer 1676 sank auch die Zahl der Erkrankungen merklich, was den schon seit dem 14. Jahrhundert durch Überschuldung, Verpfründung und Nepotismus fortschreitenden Niedergang des Ordens noch beschleunigte. Damit war dem Orden in zweifacher Hinsicht die Existenzgrundlage entzogen. Auch mehrere Versuche, den Orden zu reformieren (1367, 1420/22, 1478) waren ohne Erfolg geblieben. Die letzten 33 noch verbliebenen Häuser wurden durch päpstliches Dekret 1776/77 in den Malteserorden inkorporiert. Nur die Klöster in Köln und Höchst entzogen sich dem Dekret. Sie wurden beide 1803 säkularisiert.

Ordenskleid

Das Ordensgewand der Antoniter war ein schwarzes Chorkleid, darüber ein schwarzer Mantel mit hellblauem T-förmigen Kreuz (Antoniterkreuz).

Antoniterklöster in Deutschland

Eine der ersten Niederlassungen der Antoniter in Deutschland war 1214 Memmingen – wo sich heute ein Antoniter-Museum befindet. Weitere 41 Häuser folgten, darunter die Häuser in Roßdorf-Hoechst (1235), Grünberg (vor 1222), Isenheim, Freiburg, Lichtenberg (1391), Mohrkirchen (Schleswig-Holstein), Nördlingen (1393), Würzburg (1434), Regensburg (1444) und Bamberg 1454.

Memmingen war zwar nicht die erste Präzeptorei in Deutschland und auch nicht die größte, hatte aber das größte Terminiergebiet. Für die Antoniterkirche der Generalpräzeptorei Isenheim im Elsass schuf Mathias Grünewald zu Beginn des 16. Jahrhunderts den Isenheimer Altar, der zu den bedeutendsten Werken der mittelalterlichen Kunstgeschichte zählt.

Die Universität Gießen, die aus dem Vermögen mehrerer säkularisierter Klöster begründet wurde, darunter auch das Antoniterkloster Grünberg, führt daher noch heute das Antoniterkreuz als Wappen.

Antoniterhäuser in der Schweiz

In der Schweiz gab es fünf Häuser, die alle von außerhalb der Schweiz gelegenen Generalpräzeptoreien abhingen: Bern (von Chambéry in Savoyen), aufgehoben 1528, Basel (von Isenheim im Elsass), Kleinbasel, Uznach und Burgdorf (von Freiburg im Breisgau)

Literatur

  • Adalbert Mischlewski: Grundzüge der Geschichte des Antoniterordens bis zum Ausgang des 15. Jahrhunderts. (= Bonner Beiträge zur Kirchengeschichte 8), Böhlau, Köln 1976
  • Adalbert Mischlewski: Antoniusorden. In: LexMA I, 734f., Metzler, Stuttgart 2000

Weblinks

Letzte Änderung: 14. September 2008 

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