Billiart, Julie


Julie Billiart (1751–1816), französische Ordensfrau; Gründerin der Schulschwestern Unserer Lieben Frau von Namur.

Als Gründerin des Ordens der „Schwestern Unserer Lieben Frau“ erwarb sich die heilige Marie Rose Julie Billiart (1751–1816) große Verdienste um die Erziehung und den Unterricht von Mädchen. In ihrem Leben musste sie zahlreiche schwere Schicksalsschläge hinnehmen, die sie mit heroischer Geduld und großer Sanftmut ertrug. Ihr Leitspruch lautete: „O, wie ist der liebe Gott so gut!“

Leben

Julie BilliartMaria Rosa Julie Billiart wurde am 12. Juli 1751 in Cuvilly in der Piccardie (Nordfrankreich) geboren und noch am selben Tag getauft. Sie war das fünfte von sieben Kindern der frommen Eheleute François Billiart und Maria Antoinette de Braine. Die Eltern besaßen einen kleinen Kramladen, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestritten, und bescheidenen Grundbesitz. Vier Geschwister von Julie sind früh gestorben.

Julie war ein kräftiges, kluges, lebhaftes und empfindsames Kind. Bereits im Alter von acht Jahren versammelte sie in ihrem Geburtsort regelmäßig Mädchen und Jungen um sich und erzählte ihnen vom Leben Jesu Christi. Der Pfarrer von Cuvilly gab ihr als Neunjähriger heimlich die heilige Kommunion, was für die damalige Zeit als ungewöhnlich früh galt.

Ungeachtet ihrer bescheidenen Einkünfte führte die Familie Billiart ein glückliches Leben. Doch Neid und Verleumdung durch böswillige Zeitgenossen sowie ein Einbruchdiebstahl im Kramladen verschlechterten merklich ihre wirtschaftliche Lage. Aus diesem Grund musste Julie ab 16 Jahren auf dem Feld arbeiten und auf Märkten die Überreste der Waren verkaufen, die von den Dieben im Kramladen zurückgelassen wurden.

1774 schoss ein Unbekannter mit einer Flinte durch das Fenster des früheren Kramladens der Familie Billiart, in dem sich gerade der Vater und Julie aufhielten. Die Splitter der zerbrochenen Scheibe fielen der 23-Jährigen vor die Füße. Durch dieses Ereignis erlitt sie einen Schock, der zur Folge hatte, dass ihr das Gehen und jede Bewegung der unteren Gliedmaßen größte Schmerzen bereitete.

Trotz ihrer Behinderung gab Julie weiterhin Katechismusunterricht, besuchte auf Krücken andere Kranke und hielt sogar Nachtwache. Mit 30 Jahren waren ihre Beine vollständig gelähmt. In der Folgezeit sprach sie stundenlang mit Jesus und nahm dabei nicht mehr wahr, was um sie vorging. Erst eine leichte Berührung holte sie jeweils aus solchen Zuständen zurück. Im Laufe der Jahre brachten schwere Krankheiten sie fünf Mal bis an den Rand des Grabes.

Zu Beginn der „Französischen Revolution“ (1789–1799) wurde der Klerus auf die Verfassung verpflichtet. Als der Pfarrer von Cuvilly dies verweigerte und fliehen musste, organisierte Julie den Widerstand gegen dessen Nachfolger. Deswegen wollte man sie auf dem Dorfplatz verbrennen und das Schloss von Gournay-sur-Aronde, in dem ihre Gönnerin Madame de Pont l’Abbé sie versteckte, in Flammen aufgehen lassen.

Doch gute Freunde konnten Julie auf einem mit Stroh beladenen Wagen aus dem Dorf schmuggeln und sie nach Compiègne bringen. In der neuen Umgebung war es zu ihrem Leidwesen nicht möglich, Katechismusunterricht zu geben. Innerhalb von dreieinhalb Jahren musste sie fünf Mal einen Ortswechsel vornehmen. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie durch das Anfertigen von Spitzen.

An einem Karfreitag sah Julie in ihrer Kammer eine große leuchtende Christusgestalt, die von einer Schar von Frauen in einem ihr unbekannten Gewand umgeben wurde. Eine Stimme sagte ihr: „Siehe da die Töchter, die ich Dir geben werde in einem Institut, das mit meinem Kreuz bezeichnet sein wird“. Damals wohnte Julie mit ihrer Nichte Felicité in einer gemieteten Kammer im Hause der Gräfin Bourdon.

Eines Tages stellte sich Vicomtesse François Blin de Bourdon, die sich den Werken der Nächstenliebe widmete, der kranken Julie vor, die bei der ersten Begegnung noch nicht sprechen konnte. Trotzdem kehrte die Adlige zum Bettlager zurück und fand allmählich in Julie, die sich bald ein wenig verständigen konnte, eine wertvolle Führerin für ihr geistliches Leben. Die Liebesdienste der beiden Frauen wurden jedoch einer Behörde bekannt, weswegen ein weiterer Umzug nach Bettencourt, etwa 14 Kilometer von Amiens entfernt, erfolgte.

Die segensreiche Arbeit der Kranken und ihrer Gefährtinnen in Bettencourt offenbarte dem Pater Joseph Varin (1769–1850), eigentlich Joseph Desiré Baron d’Ainville, die wahre Berufung von Julie Billiart: Er regte an, sie solle sich der christlichen Unterweisung der Jugend widmen.

1803 eröffnete Julie Billiart in Amiens ein Waisenhaus und nahm Gehilfinnen auf. Am Lichtmesstag, 2. Februar 1804, legte sie zusammen mit François Blin de Bourdon und Katharina Duchâtel das Gelübde der Keuschheit und der Hingabe an die Erziehung der Armen ab. Die Frauen nannten ihre Kongregation „Schwestern Unserer Lieben Frau“ („Sorores Nostrae Dominiae“ = SND).

Während einer Anrufung (Novene) zum „Heiligsten Herzen Jesu“ wurde Julie im Juni 1804 – wie durch ein Wunder – plötzlich wieder gesund. Zum Dank und zur Neuorientierung unternahm sie geistliche Exerzitien und zahlreiche Reisen zu Fuß, zu Pferde, in der Kutsche, allein oder in Begleitung, die sie bis nach Flandern führten.

Nach ungerechtfertigten Verleumdungen, die dazu bestimmt waren, das Vertrauen in sie zu erschüttern, ordnete der Bischof von Amiens 1809 an, Julie müsse seine Diözese verlassen. Die Verbannten wurden vom Bischof von Namur in Belgien freundlich aufgenommen, und Julie gründete in Namur ein neues Mutterhaus. Fortan hießen Mutter Julies Schwestern „Sœurs de Notre Dame de Namur“. Neue Mitglieder stießen zu ihr, und weitere Niederlassungen entstanden.

Im Januar 1816 erkrankte Julie Billiart schwer. Am Abend des Palmsonntages verschlechterte sich ihr Zustand und sie begann leise den Lobgesang Mariens „Magnificat anima mea Dominum“ („Hoch preiset meine Seele den Herrn“). Bald danach konnte sie nicht mehr sprechen. In den Morgenstunden des folgenden Tages, am 8. April 1816, starb die Ordensgründerin im Alter von 64 Jahren in ihrem Mutterhaus in Namur.

Nach der Intention von Mutter Julie „Den Armen verkünden, dass Gott sie liebt…“ arbeiten heute drei selbstständige Ordensgesellschaften. Die erste davon ist die 1804 gegründete Kongregation „Schwestern Unserer Lieben Frau von Namur, Belgien“. 1819 kamen die „Schwestern Unserer Lieben Frau von Amersfoort, Holland“, und 1850 die „Schwestern Unserer Lieben Frau von Coesfeld, Deutschland“, dazu.

Papst Paul VI. (1897–1978) sprach Julie Billiart am 22. Juni 1969 in Rom heilig. Zur Heiligsprechung trugen auch einige Wunder bei. Den drei selbstständigen Ordensgemeinschaften gehören insgesamt etwa 10.000 Schwestern an. Der Gedenktag von Mutter Julie wird am 8. April begangen.

aus:
Ernst Probst: Superfrauen 2 – Religion (GRIN)

Letzte Änderung: 17. April 2015 

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