Mallinckrodt, Pauline von


Pauline von Mallinckrodt SCC (1817–1881), Gründerin der Kongregation der Schwestern der Christlichen Liebe.

Als Gründerin mehrerer sozialer Einrichtungen und eines Ordens tat sich die selige Pauline von Mallinckrodt (1817–1881) hervor. Die deutsche Adlige stiftete eine »Kleinkinder-Bewahranstalt« als Tagesstätte für Arme, eine Schule mit Internat für blinde Kinder, ein Heim für erwachsene Blinde und die Kongregation der »Schwestern der christlichen Liebe«. Obwohl sie nach Herkunft und Lebensweise zu den Begüterten gehörte, besaß sie früh eine große Sensibilität sowie ein tiefes und echtes Mitempfinden mit allen, die sich in materieller oder geistig-seelischer Not befanden.

LebenPauline von Mallinckrodt kam am 3. Juni 1817 in Minden als Tochter des Oberregierungsrates Detmar von Mallinckrodt (l769–1842) und seiner Frau Bernhardine (1787–1834), geborene von Hartmann, zur Welt. Obwohl nach preußischer Verordnung alle Kinder in der Religion dem Vater folgen sollten, wurden Pauline und ihre drei jüngeren Geschwister katholisch erzogen. Da man ihren Vater 1824 zum Regierungs-Vizepräsidenten berief, verbrachte sie ihre Kindheit und Jugend in Aachen.

Zur Zeit des Umzuges nach Aachen war Pauline sieben Jahre alt. Unter anderem besuchte sie die private katholische höhere Töchterschule St. Leonhard, an der die berühmte Dichterin Luise Hensel (1798–1876) einige Jahre unterrichtete. Zu den Schulfreundinnen Paulines gehörten die späteren Ordensgründerinnen Clara Fey (1815–1894) und Franziska Schervier (1819–1876).

Pauline von Mallinckrodt, Jugendbildnis

Pauline von Mallinckrodt, Jugendbildnis

Im gastlichen Haus der Familie Mallinckrodt in Aachen waren Gesellschaften und kleinere Zirkel nicht selten. Auch der spätere preußische Ministerpräsident und Reichskanzler Otto von Bismarck (1815–1898) verkehrte dort mit anderen jungen Regierungsassessoren. Paulines Bruder Hermann von Mallinckrodt (1821–1874) betätigte sich später als Mitbegründer der Zentrumspartei und trat im Reichstag als politischer Gegner Bismarcks auf.

Von Beginn ihres Lebens an stand Pauline im religiösen und sozialen Spannungsfeld. Da der Vater gläubiger Protestant, die Mutter jedoch überzeugte Katholikin war, traten religiöse Unterschiede in der Familie deutlich spürbar zutage. Sie wurden durch die katholikenfeindliche Einstellung des preußischen Staates verstärkt. Hinzu kamen die starken liberalen geistigen Strömungen jener Zeit. Das soziale Spannungsfeld war bestimmt durch die großen Klassenunterschiede und die wachsende soziale Not als Folge der Industrialisierung.

Zusammen mit ihrer Mutter setzte sich Pauline schon früh für Arme und Kranke ein, die durch die zunehmende Technisierung der Arbeitsplätze in Not geraten waren. Als die Mutter während der Choleraepidemie 1834 starb, übernahm die 17-jährige Pauline die Erziehung der drei Geschwister sowie die Führung des Präsidentenhauses und die gesellschaftlichen Verpflichtungen. Trotz aller Inanspruchnahme fand sie noch Zeit, um armen und kranken Menschen zu helfen.

Aus den Auseinandersetzungen mit den religiösen Fragen und mit den anti-christlichen und anti-kirchlichen Tendenzen jener Zeit ging Pauline gestärkt hervor. Ihr Glaube war gefestigt, die Liebe zu Gott vertieft. Sie wirkte sich aus in der Liebe zum Nächsten, insbesondere zu den Armen. Ob in Aachen oder später, nach der Pensionierung ihres Vaters und dem Umzug der Familie nach Paderborn 1839: Pauline konnte und wollte nicht untätig dem Elend der Armen zusehen. Das Mitleiden lähmte sie nicht, sondern spornte sie an und ließ sie Mittel und Wege zur Hilfe finden.

In Paderborn trat Pauline dem »Frauenverein zur Pflege armer Kranker in ihren Häusern« bei, sie organisierte freiwillige Nachtwachen und Armenspeisungen und eröffnete 1840 eine »Kleinkinder-Bewahrschule« als Tagesheimstätte, in die sie 1842 die ersten blinden Kinder aufnahm. Ihr privates Blindeninstitut wurde 1847 Provinzialblindenanstalt. Sie war Begründerin der Blindenbildung in Westfalen.

Nach dem Tod des Vaters 1842 wurde Pauline von Mallinckrodt von den Verpflichtungen der Familie gegenüber frei. Nun wollte sie den lange gehegten Wunsch, sich einer Ordensgemeinschaft anzuschließen, verwirklichen. Doch als sie keine Gemeinschaft fand, die die Betreuung der blinden Kinder übernahm, gründete sie am 21. August 1849 die »Kongregation der Schwestern der Christlichen Liebe« (Congregatio Sororum Christianae Caritatis = SCC).

Zunächst war die Bildung und Erziehung der Blinden die Hauptaufgabe der Kongregation. Pauline von Mallinckrodt sah aber auch die dringend notwendigen Aufgaben im Bereich der katholischen Mädchenerziehung. So entstanden in rascher Folge Volksschulen, Handarbeitsschulen, Höhere Töchterschulen, Waisenhäuser und Kindergärten. Die Ordensgründerin sorgte für eine gute fachliche Ausbildung der Schwestern und setzte sich mit Ausdauer bei der preußischen Regierung dafür ein, dass sie auch an öffentlichen Schulen unterrichten durften. Darüber hinaus pflegte sie Kontakt zu den Lehrerinnen an öffentlichen Schulen und bot mit dem Aufkommen der Exerzitienbewegung im Mutterhaus in Paderborn Lehrerinnen-Exerzitien an, um der Erziehungsarbeit ein vertieftes religiöses Fundament zu geben.

Mutter Pauline

Mutter Pauline

Für die wachsende Ordensgemeinschaft mit 245 Schwestern in 32 Wirkungsbereichen erwies sich der 1871 ausbrechende Kulturkampf zwischen dem preußischen Staat und der katholischen Kirche als schwerer Schlag. Davon waren insbesondere diejenigen Ordensleute betroffen, die sich dem Unterricht und der Erziehung widmeten. Mit dem staatlichen Verbot aller Orden und ordensähnlichen Kongregationen schien Pauline von Mallinckrodts Lebenswerk vernichtet zu sein. In ihrem Verantwortungsbewusstsein und Gerechtigkeitsempfinden setzte sie sich mutig für den Bestand der Klöster und Aufgabenbereiche ein und versuchte, sie vor dem Zugriff des Staates zu retten. Als ihre Bemühungen keinen Erfolg hatten, gab sie nicht auf, sondern gründete im Vertrauen auf Gott neue Wirkungskreise in den USA, Chile, Böhmen, Liechtenstein und Belgien. Mit gleichem Mut bot sie dem wegen seiner öffentlichen Proteste gegen die Kulturkampfgesetze verfolgten Paderborner Bischof Konrad Martin (1812–1879) Asyl in einem ihrer Häuser in Belgien und überführte nach dessen Tod heimlich seine Leiche nach Paderborn.

Pauline von Mallinckrodt war eine fleißige Briefschreiberin. Sie korrespondondierte mit ihren Verwandten und vor allem mit ihren Schwestern in Europa und Übersee. Darüber hinaus schrieb sie an Bischöfe, preußische Könige und den Fürsten Bismarck, hohe Behördenvertreter und an die Königlichen Gerichte. Von ihr sind 3450 Briefe erhalten, die sie zwischen 1830 und 1881 zu Papier brachte.

In den Jahren 1879 und 1880 besuchte Pauline trotz ihrer angegriffenen Gesundheit alle Schwestern in Nord- und Südamerika sowie in Europa. Da sich die politische Lage in Deutschland wieder beruhigte, kehrte sie ins Mutterhaus nach Paderborn zurück. Nach dem Einsatz aller Kräfte für ihr Lebenswerk starb Pauline von Mallinckrodt dort am 30. April 1881 im Alter von 63 Jahren an einer Lungenentzündung. Papst Johannes Paul II. bestätigte am 14. April 1985 – nach einem fast 60 Jahre dauernden Verfahren – durch die Seligsprechung ihre Bedeutung für unsere Zeit. Ihr Gedenktag wird am 30. April gefeiert.

aus:
Ernst Probst: Superfrauen 2 – Religion (GRIN)

Weblink

Werke

  • Kurzer Lebensabriß unserer teuren Würdigen Mutter und Stifterin Pauline v. Mallinckrodt, von ihr selbst verfaßt, Paderborn 1889
  • Gebete und Gedanken: Kurze Auszüge aus Briefen und Aufzeichnungen Pauline von Mallinckrodts. – Paderborn: Bonifatius, 1980²

Literatur

  • Sander-Wietfeld, Käthe: Pauline von Mallinckrodt: Ein Lebensbild nach Briefen und Aufzeichnungen Pauline von Mallinck­­rodts aus den Jahren 1830 bis 1881. – Paderborn: Bonifatius, 1992²
  • Mette, Sr. Adalberta: Die Liebe zählt nicht – nur die Liebe zählt. – Paderborn: Bonifatius: 1999
    Frenke, Sr. Cyrenäa: Pauline von Mallinckrodt: In ihrer Zeit, 1817–1881. – Paderborn: Bonifatius, 1984
  • Probst, Ernst: Selige Pauline von Mallinckrodt:- Die Adlige mit dem Herz für Menschen in Not. In: Superfrauen 2 – Religion, S. 135–138 – Hamburg 2000

Letzte Änderung: 17. April 2015 

Kommentare

Ein Kommentar zu “Mallinckrodt, Pauline von”

  1. Dietz, Alexander
    19. November 2010 14:35

    im Jahre 1957-1958 war ich im Kinderheim in Siegburg, unter Schw.Ingberta,Schw.Maria Beata.
    Meine Frage: Leben die Schwestern eigendlich noch? Bei Schw. Ingberta könnte es sehr schwierig sein.
    Mit freundlichen Grüßen
    Alexander Dietz

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