Protmann, Regina


Regina Protmann (* 1552 in Braunsberg, Ermland, Ostpreußen; heute Braniewo, Polen; † 18. Januar 1613 ebd.) war die Gründerin der Katharinenschwestern, die sich vor allem der Krankenpflege und der Mädchenerziehung widmen.

Behütetes Elternhaus

Regina ProtmannRegina Protmanns Jugend fiel in eine unruhige Zeit: erbitterte Glaubenskämpfe zwischen Katholiken und Protestanten, Kriege zwischen den weltlichen Machthabern und die grauenhaften Auswirkungen der Pest erschütterten die Welt. Trotzdem wuchs Regina als behütete Tochter in einer wohlhabenden Patrizierfamilie auf. Sie genoss eine angemessene Erziehung. Ihr erster Biograph, wahrscheinlich Engelbert Keilert, ein Jesuit, beschrieb sie als klug, redegewandt, des Lesens und Schreibens und der Korrespondenz mit geistlichen und weltlichen Behörden mächtig. Mit Sicherheit kann man auch annehmen, dass Regina im elterlichen Hause Gespräche und Diskussionen über Politik und Religionsfragen, besonders der Reformation und Gegenreformation, beiwohnte, zumal ihr Onkel einer der 14 Ratsherren der Stadt war und er öfters die Familie besuchte. Die Wünsche der Eltern, einen gutsituierten Ehemann zu heiraten und eine eigene Familie zu gründen, schienen die Zukunft Regina Protmanns zu sichern.

Völlig unerwartet äußerte Regina mit 19 Jahren den Wunsch sich ausschließlich dem geistlichen Leben zu widmen. Von einem besonderen Erlebnis als Grund für diesen Sinneswandel ist nichts bekannt, der Einfluss von Jesuiten, die 1565 nach Braunsberg kamen wird jedoch angenommen.

Gründung trotz Widerständen

Im Umkreis von Braunsberg befand sich kein Kloster, das sie zum Eintritt ermutigen konnte, auch die im Ermland verbreiteten, jedoch aussterbenden Beginen, entsprachen nicht ihrem Anspruch. Im Gegensatz zu den Beginen strebte sie die Gründung eines religiösen Ordens an.

Trotz des Unverständnisses und des Widerstandes ihrer Familie zog Regina 1571 gemeinsam mit zwei Gefährtinnen in ein halb verfallenes Haus. Die kleine Gemeinschaft lebte zunächst ohne kirchliche Anerkennung nach den Gelübden: Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam. Ihren Lebensunterhalt konnten die Frauen durch verschiedene Arbeiten, wie Krankenpflege, Nachtwache bei Sterbenden, Küsterdienste und Handarbeiten bestreiten, da sie zu Beginn der Gründung keine finanzielle Unterstützung erhielten.

Für die damalige Zeit war diese Wohngemeinschaft von drei jungen Frauen etwas Außergewöhnliches. Ein ähnliches Leben war nur von den Beginen bekannt. Die familiäre Einbindung der Frau oder der Eintritt in ein bestehendes Kloster schienen akzeptabel, Reginas Verhalten wurde abgelehnt. Die Reaktionen reichten von Kopfschütteln bis zur krassen Verurteilung. Man bedenke die oft frauenfeindlichen bis in die Hexenprozesse gipfelnden Angriffe gegen Frauen, die gegen herrschende Normen verstießen.

Auch kirchenrechtlich war dieser neue Weg höchst problematisch. Das Konzil von Trient hatte kurz vor Reginas Entscheidung den Frauenklöstern strenge Klausur auferlegt. Die Ordensschwestern sollten sich innerhalb der Klostermauern dem Gebet und der Kontemplation widmen. Der Schritt in die Welt, der von Männerorden zum Beispiel Franziskaner, Dominikaner, Jesuiten praktiziert wurde, war den Frauen nicht erlaubt. Das Bild der stillen Beterin galt als vorbildlich und verbindlich.

Klausurlosigkeit als Bedingung für Gemeindepflege

Trotzdem hielt Regina Protmann an ihrer Überzeugung fest: keine Flucht vor der Welt, sondern ständige Auseinandersetzung mit ihr und in ihr, fest und schrieb dies in ihrer ersten Ordensregel nieder. Der Dienst für hilfebedürftige Menschen sollte über jeder formalen Vorschrift stehen.

Leben und Wirken der kleinen Gemeinschaft überzeugten schließlich die Braunsberger Bürger und immer mehr junge Frauen baten um Aufnahme. Die kirchliche Anerkennung erfolgte 1583 durch die bischöfliche und 1602 durch die päpstliche Approbation.

Regina Protmann wählte die Heilige Katharina von Alexandrien als Schutzpatronin für die Kongregation, somit war der Name: Katharinenschwestern, offiziell: »Kongregation der Schwestern von der Heiligen Jungfrau und Märtyrerin Katharina von Alexandrien«, geboren.

Die Heilige Katharina wird in der Legende als besonders kluge, mutige und durchsetzungskräftige Frau beschrieben, die nicht nur der Folter, sondern auch dem Disput mit Gelehrten standhielt. Sie wird bis in die heutige Zeit als Helferin in der Not und als Patronin der Rechtsgelehrten und Wissenschaftler verehrt. Durch die Befreiung von der strengen Klausur konnte das Anliegen der Stifterin, die Patienten in ihren Wohnungen zu pflegen, verwirklicht werden. Regina Protmann ging somit schon vor Vinzenz von Paul den Weg der Gemeindekrankenpflege.

Sorge um Kranke und Pflegende

Sie und ihre Mitschwestern kümmerten sich besonders um die Kranken, die keine Aufnahme in die bestehenden Hospitäler fanden und von der Gesellschaft ausgegrenzt wurden: Geisteskranke, Epileptiker, Pestopfer, Arme und Alte. Sie übernahmen die Körperpflege, wechselten Verbände, erledigten den Haushalt, verteilten Almosen und Speisen. Doch nicht nur die körperlichen, sondern auch die psychischen und geistlichen Bedürfnisse wurden berücksichtigt.

„Sie ist der heutigen Schulmedizin insofern weit voraus gewesen, dass sie erkannte, wie eng Seele und Leib miteinander verschwistert sind und wie oft körperliche Krankheit aus seelischer Wurzel stammt. Darum war sie stets eifrig bemüht, die dunklen Schatten der Verzagtheit, der Ungeduld, des Kleinmuts und der Skrupulosität aus den Krankenzimmern zu vertreiben.“ (Hümmeler, 1964)

Da auch die Pflege in den Stadthospitälern zu wünschen übrig ließ, besuchte sie auch die Kranken dort. Ihr Biograph schrieb: „Wie oft hat sie den Armen im Hospital die Füße gewaschen, im Beisein ihrer Mitschwestern! Wie oft da den Kranken und Patienten beigestanden und die Wunden ihres Körpers verbunden.“ (Wermter, 1975) Er berichtet, dass Regina Protmann selbst Arzneien gegen Fieber, Zahnbeschwerden, Geschwülste, Augenkrankheiten und anderen Krankheiten herstellte und sie kostenlos zur Verfügung stellte.

Auch ihren Mitschwestern begegnete Regina Protmann mit Fürsorglichkeit, heißt es in der ersten Ordensregel von 1583: „Im Konvent soll ein besonderes Stüblein gehalten werden, in welchem die kranken Schwestern um der christlichen Liebe willen von den anderen nach Bedarf trefflich (sehr gut) gepflegt werden.“

In späteren Regeln der Kongregation erfolgen differenzierte Hinweise zur Krankenpflege. Besonders der Pflege von Sterbenden, auch anderer Religionen, und der Versorgung von Verstorbenen wird sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt. Ebenso erfolgen Ratschläge gegen die Überforderung der pflegenden Schwestern, zum Beispiel ausreichende Ruhezeit nach den Nachtwachen und ausgewogene Ernährung.

Bildung für Mädchen

Ein weiteres Hauptwerk Regina Protmanns war die Gründung von Mädchenschulen. Auch hier zeigt sich das fortschrittliche Denken der Stifterin, da zur damaligen Zeit in Braunsberg nur Knabenschulen existierten. Regina Protmann hielt die Bildung der Mädchen, auch aus niedrigen sozialen Schichten für unerlässlich. Aus den Unterrichtsinhalten wird genannt: Schreiben, Lesen, Handarbeit, Religion und sonstigen Wissenschaften und Kunstfertigkeiten, die für Mädchen passend sind. Unter Wissenschaften und Kunstfertigkeiten ist sicher auch die Unterweisung in Krankenpflege und Heilkunde einzuordnen.

Weitere Werke bis Heute

Neben Krankenpflege und Erziehung der Mädchen bestimmte natürlich das religiöse Leben den Schwerpunkt der Kongregation. Gebet, Kontemplation, Buße durchdrangen alle Lebensbereiche. Auch die Pflege der Paramente und der Kirchen gehörten zu ihren Aufgaben. Gemäß dem Gebot des heiligen Benedikt von Nursia „ora et labora“ gelang der Stifterin in allen Aufgabenbereichen die Verknüpfung von Gebet und Arbeit.

Die progressiven Ideen und das frühe emanzipatorische Streben einer jungen Frau blieben nicht auf Braunsberg begrenzt. Nach Reginas Tod 1613 existierten schon vier Konvente im Ermland mit 35 Schwestern. Trotz Anfeindungen konnte die Kongregation die Jahrhunderte weiter überstehen und ihre überwiegend caritativen und pädagogischen Aufgaben erfüllen.

Heute leben und arbeiten etwa 900 Katharinenschwestern nach dem Vorbild der Gründerin in Afrika, Brasilien, Polen, Litauen, Italien und Deutschland.

Seit dem 1. Juli 1994 trägt die Krankenpflegeschule in Frankfurt den Namen der Stifterin.

Tod und Seligsprechung

Regina Protmann starb am 18. Januar 1613 in ihrer Geburtsstadt. Sie wurde zunächst in der Jesuitenkirche beigesetzt. Als diese 1809 abgerissen wurde, brachte man ihre Gebeine zunächst in das Oratorium des Katharinenkonvents. Im September 1809 wurden sie im Sarg der damals verstorbenen Oberin Therese Koll im Grabgewölbe der Pfarrkirche mit beigesetzt. Als man das Gewölbe 1929 bei Bauarbeiten wieder öffnete, fand man die Gebeine Mutter Reginas wieder. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges gelangte ein Teil davon nach Westdeutschland und befindet sich heute im Generalmutterhaus in Grottaferrata in Rom. Ein anderer Teil wurde 1991 auf einem Dachboden in Heiligenbeil/Mamonowo wiedergefunden. Er befindet sich heute in der Gedenkstätte in Braunsberg.

Am 13. Juni 1999 wurde Regina Protmann von Papst Johannes Paul II. in Warschau seliggesprochen.

Literatur

  • Bellgardt, Gertrud: Die Bedeutung der Kongregation der Hl. Katharina für die Erziehung der Mädchen. Broschüre der Hauptgeschäftsstelle des Vereins katholischer deutscher Lehrerinnen, Berlin, 1931.
  • Beutner, Bärbel. Dr.: Außergewöhnliche ostpreußische Frauen, in: Arbeitsbrief der Landsmannschaft Ostpreußen, Hamburg. 1990.
  • Conrad, Anne, Dr.: Zwischen Kloster und Welt. Ursulinen und Jesuitinnen in der katholischen Reformbewegung des 16., 17. Jahrhunderts. Verlag Philipp von Zabern, Mainz, 1991.
  • Feldmann, Christian: Neuer Geist sucht neue Formen. Regina Protmann, Gründerin der Katharinenschwestern. Herder, Freiburg, Basel, Wien 1999
  • Füsser, Ulrich: Regina Protmann – eine Pionierin der Gemeindepflege. in: Pflegezeitschrift 1999, Heft 2, 135–136
  • Kowalsky, Inge: Zeugen für die Kirche III. Johannes Verlag Leutesdorf, Leutesdorf, 1991.
  • Hümmeler, Hans: Regina Protmann, Verlag Haus Michaelsberg, Siegburg 1955.
  • Hümmeler, Hans: Die Glocken von Braunsberg. Thomas-Verlag, Kempen, 1964.
  • Wemter, Ernst Manfred: Quellen zur Geschichte der ersten Katharinenschwestern und ihrer Gründerin Regina Protmann, In: Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands, Selbstverlag des Historischen Vereins für Ermland, Münster, 1975.
  • Wienand, Adam: Das Wirken der Orden und Klöster in Deutschland. Wienand-Verlag, Köln, 1964
  • Ziesche, Maria Calasanz: In seinem Lichte. Das Leben der Mater Regina Protmann. St. Benno, Leipzig, 1999
  • Ordensregeln der Kongregation 1583 und 1602.
  • Das Leben der gotteseeligen Jungfrawen Regin Brotmanns. Stiffterinnen der Löblichen Gesellschaft Sanct Catherinen, Jungfrawen und martyrinen, durch einen glaubwürdigen Priester beschrieben. Krakau. 1623. 2. Auflage: Braunsberg, 1727.

Ulrich Füsser

Letzte Änderung: 15. Juni 2011 

Kommentare

Ein Kommentar zu “Protmann, Regina”

  1. Voglhuber Roswitha
    11. Februar 2016 21:57

    Sehr geehrte Ordensfrauen !
    Mit großem Interesse habe ich die Geschichte von Regina Protmann gelesen. Der Vater von Regina Protmann hieß Peter Protmann. Ich hätte gerne gewusst, ob noch wo geschrieben steht, wie die Geschwister von Regina hießen. Denn mein UR-Ur-Großvater hieß Protmann Johann, geb. 4.2.1827 in Gayl, Braunsberg, Ostpreußen. Ob diese Linie von Peter Protmann, dem Vater von REgina Protmann stammt. Ich schreibe gerade ein Buch über Ostpreußen und deshalb ist mir das wichtig, und interessiert bin ich auch. Ich bin aus St. Georgen im Attergau, Nähe Salzburg, Österreich. Freue mich auf ein Antwort. Mit freundlichen Grüßen Roswitha Voglhuber

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