Stickler, Alfons


Alfons Maria Stickler SDB (1910–2007), österreichischer Salesianer Don Boscos; emeritierter Kurienkardinal; vatikanischer Bibliothekar und Archivar von 1971 bis 1988.

Leben

Stickler wurde am 23. August 1910 in Neunkirchen in Niederösterreich als zweites von zwölf Kindern geboren. Er besuchte die Schule in seiner Heimatstadt und dann das Internat der Salesianer Don Boscos in Wien. Nach der Matura trat er in das Noviziat der Salesianer Don Boscos ein. Am 15. August 1928 legte er die ersten Gelübde ab.

Hochschullehrer

Nach dem Studium der Philosophie und Theologie in Benediktbeuern, Turin und Rom wurde er am 27. März 1937 in der römischen Lateranbasilika zum Priester geweiht. Anschließend studierte er bis 1940 kirchliches und weltliches Recht an der Lateran-Universität. Danach lehrte er an der kirchenrechtlichen Fakultät der römischen Salesianer-Universität, zunächst in Turin, dann – nach deren Verlegung in die Hauptstadt 1957 – in Rom. Von 1953 bis 1958 war er Dekan dieser Fakultät und von 1958 bis 1966 Rektor der Hochschule. Von 1965 bis 1968 leitete er dort das neugegründete »Institutum Altioris Latinitas«.

Archivar und Bibliothekar der Kirche

Am Aschermittwoch 1971 ernannte Papst Paul VI. Stickler zum Leiter der Vatikanischen Bibliothek, die nicht nur als Aufbewahrungsort der weltweit reichsten Sammlung an Handschriften (rund 70.000) gilt, sondern auch eine Million gedruckter Bücher, rund 150.000 Kupferstiche und eine wertvolle Münzsammlung umfasst.

Während seiner Amtszeit trieb Stickler die Erhaltung und Modernisierung der Vatikan-Bibliothek und die konservatorische Sicherung der Bestände voran. Unter anderem wurde ein großer Bunker errichtet, in dem die wichtigsten Schätze der Bibliothek (unter anderem der »Codex Vaticanus«) atombombensicher untergebracht sind, und mit Beteiligung einer Gruppe internationaler Verlage (Belser) wurde ein großangelegtes Programm zur Faksimilierung bedeutender Manuskripte ins Leben gerufen.

Die Frucht der intensiven Beschäftigung Sticklers mit den alten Manuskripten sind mehrere Bände mit Veröffentlichungen zur Kirchengeschichte. Stickler war Kurator und Herausgeber der »Studia Gratiana« und Mitherausgeber der »Studi Gregoriani«, außerdem Mitglied und Konsultor mehrerer vatikanischer Kommissionen. Auch im Ausland wurde seine Expertise geschätzt: er war Direktoriumsmitglied des »Institute of Medieval Canon Law« der Universität Berkeley, Kalifornien, und einer der drei Vizepräsidenten des »International Association of History of Laws and Institutions«. Er war außerdem Mitglied, Ehrenmitglied oder korrespondierendes Mitglied zahlreicher in- und ausländischer wissenschaftlicher Gesellschaften und Akademien. Die Universitäten München, Innsbruck und Salzburg verliehen ihm die Ehrendoktorwürde.

Am 9. September 1983 ernannte Johannes Paul II. Stickler zum »Pro-Bibliothekar der Heiligen Römischen Kirche« und weihte ihn persönlich in der Sixtinischen Kapelle zum Titularerzbischof von Bolsena/Volsinium. Am 7. Juli 1984 übertrug er ihm außerdem die Leitung des vatikanischen Geheimarchivs.

Kardinal

Im Konsistorium vom 25. Mai 1985 wurde Stickler als Kardinaldiakon in das Kardinalskollegium berufen und am 29. Januar 1996 unter Beibehaltung seiner Titeldiakonie San Giorgio in Velabro zum Kardinalpriester pro hac vice erhoben. Er trat im Sommer 1988 aus Altersgründen von seinem Amt als Leiter der Vatikanbibliothek und des Geheimarchivs zurück.

Stickler starb am 12. Dezember 2007 in Rom.

Literatur

  • Dias, João S. Clá: Cardinal Stickler: Salesian, erudite and librarian of the Holy Catholic Church. – Mount Kisco, N.Y.: The Foundation for a Christian Civilization, 1987

Gerd Gessinger

Letzte Änderung: 6. Mai 2008 

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