Florentini, Theodosius


Theodosius Florentini OFMCap, eigentl. Anton Crispin Florintöni, (* 23. Mai 1808 Müstair, Graubünden; † 15. Feb. 1865 Heiden, Appenzell Ausserrhoden), Schweizer Kapuziner, Sozialreformer und Ordensgründer; Generalvikar des Bistums Chur.

Der »Caritasapostel« Florentini war eine der prägenden Gestalten des Schweizer Katholizismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Große Bedeutung erlangten die beiden von ihm gegründeten Schwesternkongregationen von Menzingen (1844) und Ingenbohl (1856) sowie das Kollegium Maria-Hilf in Schwyz.

Leben

Theodosius Florentini OFMCap

Theodosius Florentini OFMCap

Der 1808 in dem bündnerischen Bergdorf Münster (heute Müstair) geborene Anton Crispin Florentini wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, die Mutter hielt nach dem frühen Tod des Vaters die Familie zusammen. Dank seiner Intelligenz durfte er weiterführende Schulen besuchen. Nach bestandener Matura in Chur trat er 1825 in den Kapuzinerorden ein, studierte Philosophie und Theologie in Sitten/Sion und wurde dort 1830 – mit dem nötigen Altersdispens – zum Priester geweiht. Nach einem Jahr als Novizenmeister in Solothurn kam er 1832 nach Baden, wo er als Novizenmeister und Lehrer der Philosophie und Theologie, seit 1838 als Guardian (Oberer) und gleichzeitig geistlicher Direktor des Kapuzinerinnenklosters »Maria Krönung« in Baden tätig war.

Als es im Januar 1841 zur Erhebung der Aargauer Katholiken gegen die ihre Rechte beschneidende Verfassungsänderung vom 5. Januar 1841 kam, musste Florentini, als »Aufwiegler« in Abwesenheit zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt und für immer aus dem Aargau verbannt, zunächst nach Genf, später ins Elsass fliehen, wo er Unterkunft bei den »Armen Schwestern von der Vorsehung« in Rappoltsweiler/Ribeauvillé fand, die sich vor allem der Lehrtätigkeit unter den ärmeren Bevölkerungsschichten widmeten. Hier lernte er die Ideen und Pläne der katholischen Schulreform jener Zeit kennen; seine sozialen Vorstellungen nahmen deutlichere Gestalt an.

1841 in die Schweiz, nach Altdorf im Kanton Uri, zurückgekehrt, widmete sich Florentini als »Laufpater« der praktischen Schularbeit in Altdorf und Stans und machte sich daran, den schon in Baden gefassten Plan der Gründung eines Schwesterninstitutes zu verwirklichen. Aus den ersten Lehrschwestern (Schulschwestern) entstand eine rasch wachsende Gemeinschaft, die bald in zahlreichen Gemeinden der Zentral- und Ostschweiz Volksschulen übernehmen konnte. – Mit der Eröffnung des Kreuzspitals 1850 entwickelten sich die Tätigkeitsschwerpunkte der Schwestern in zwei Richtungen. Es gab nun die Lehrschwestern für den Unterricht und die Barmherzigen Schwestern für Sozialarbeit und Krankenpflege. 1856 wurden die beiden Zweige in zwei selbständige Kongregationen getrennt, die »Lehrschwestern vom hl. Kreuz« (Menzinger Schwestern) unter der Leitung von Mutter Bernarda Heimgartner und die «Barmherzigen Schwestern vom hl. Kreuz« (Ingenbohler Schwestern) unter der Leitung von Mutter Maria Theresia Scherer.

P. Theodosius wurde 1845 Hofpfarrer in Chur und 1857 Definitor der Schweizer Kapuzinerprovinz, bis er 1860 Generalvikar seines Vetters, des Churer Bischofs Nikolaus Franz Florentini, wurde. Er erneuerte 1856 das seit der Vertreibung der Jesuiten 1847 verwaiste Kollegium »Maria Hilf« in Schwyz (Real- und Industrieschule, Gymnasium, Lyzeum). 1857 kaufte er eine Baumwollfabrik und 1859 eine Buchdruckerei und Buchbinderei in Ingenbohl, 1859 in Oberleutensdorf (Böhmen) eine Tuch- und in Thul bei St. Gallen eine Papierfabrik. 1863 gründete er den »Verein für inländische Mission« und 1865 den Bücherverein für die katholische Schweiz.

Als Generalvikar der Diözese Chur war Theodosius Florentini seit 1860 maßgeblich am Wiederaufbau der katholischen Kirche in der Diaspora des Zürcher Oberlandes beteiligt.

Auch als Volksschriftsteller ist Florentini bekannt durch sein »Leben der Heiligen« (4 Bde.) und seine Bearbeitung der Hauspostille von Leonard Goffine.

Florentini erlitt am 14. Februar, während einer seiner vielen Reisen, in seinem Absteigquartier in Heiden einen Schlaganfall, dem er am folgenden Tag erlag. Er hinterließ einen riesigen Schuldenberg, den Mutter Maria Theresia und ihre Gemeinschaft übernahmen und abtrugen.

Zunächst in Chur beigesetzt, wurden Florentinis Gebeine 1906 in die Kirche der Kreuzschwestern in Ingenbohl umgebettet, wo sie bis zum Abbruch der Kirche 1969 blieben. 1973 wurden sie in den Vorraum der neuen Mutterhauskirche in Ingenbohl verlegt.

Literatur

Gadient, Veit OFMCap: Der Caritasapostel Theodosius Florentini. – Luzern: Rex, 1944, ²1946

Letzte Änderung: 16. November 2008 

Kommentare

Ein Kommentar zu “Florentini, Theodosius”

  1. 16. Juli 2009 23:13

    2008 wurde in der Schweiz „200 Jahre Theodosius florenitni“ gefeiert von den Schweizer Kapuzinern und den von ihm gegrüdneten Schwesternkongregationen Menzingen und Ingenbohl zusammen mit der Universität Luzern: eine vierteilige Ringvorlesung an der theologsichen Fakultät des Luzerner Lehrstuhls von Professor Markus Ries und ein Symposium an der Paulus-Akademie Zürich bei jeweils ausgezeichneter Beteiligung. Danach erschien im Juli 2009 eine Festschrift „Theodosius Florentini (1808-1865) – Vir famosus“ in der Reihe des wissenschaftlichen Periodikums Helvetia Franciscana (38), in welchem alle Vorträge der Ringvorlesung und des Symposiums publiziert sind. Hiwneise siehe http://www.kapuziner.org .

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