Franziskaner OFM


Franziskaner OFM (lat. ordo fratrum minorum, dt. Orden der Minderen Brüder), ein franziskanischer Reformorden; in seiner jetzigen Form gegründet am 7. Oktober 1897. Die Franziskaner bilden heute mit 16.000 Ordensmännern in 112 Ländern – neben den Kapuzinern OFMCap und den Minoriten OFMConv – den stärksten der drei Zweige des ersten Ordens des Hl. Franziskus.

Franziskanerorden heuteHeute hat der Orden in Deutschland vier Provinzen, in Österreich zwei und in der Schweiz eine.

Deutschland

  • die Bayerische Franziskanerprovinz vom hl. Antonius von Padua (Bavaria) mit dem Provinzialat in München, etwa 120 Brüder
  • die Kölnische Provinz von den hl. drei Königen (Colonia) mit dem Provinzialat in Düsseldorf, etwa 80 Brüder
  • die Thüringische Provinz von der hl. Elisabeth von Thüringen (Thuringia) mit dem Provinzialat in Fulda, ca. 130 Brüder
  • die Sächsische Franziskanerprovinz vom Heiligen Kreuz (Saxonia) mit dem Provinzialat in Hannover und einem Teil der Provinzverwaltung in Werl, ca. 200 Brüder

Bis zum Jahr 2010 sollen die vier Provinzen zu einer einzigen Provinz vereinigt werden, die ihren Sitz in München haben wird.

Außerdem gibt es Niederlassungen polnischer (Bensheim, Provinz Kattowitz) und brasilianischer (Kloster Mörmter) Franziskanerprovinzen in Deutschland.

Österreich und Südtirol

Bis 2007 gab es in Österreich und Südtirol zwei Provinzen, die Tiroler Franziskanerprovinz vom Seligen Engelbert Kolland mit Provinzialat in Innsbruck und die Wiener Franziskanerprovinz zum hl. Bernardin von Siena mit Provinzialat in Wien.

Die Tiroler Franziskanerprovinz zählte mehr als 100 Patres und Brüder in 17 Niederlassungen in Süd-, Nord- und Osttirol, in Salzburg, Kärnten und Oberösterreich. Die Provinz führte zwei humanistische Gymnasien in Bozen und Hall in Tirol. Sitz der Provinzleitung war Innsbruck.

Die Wiener Franziskanerprovinz zählte in zehn Klöstern mehr als 40 Mitglieder, unterstützt von polnischen Brüdern. Sie wirkten in den Bundesländern Wien, Niederösterreich, Burgenland und Steiermark. Zentrale der Ordensprovinz war Wien.

Die beiden Provinzen wurden im Oktober 2007 zu einer gemeinsamen Ordensprovinz »Austria« unter dem Patronat des heiligen Leopold von Österreich (1075–1136) vereinigt. Derzeit (März 2009) zählen 134 Brüder zur Franziskanerprovinz Austria vom Heiligen Leopold in Österreich und Südtirol. Die Provinz umfasst 25 Klöster, das Provinzialatshaus befindet sich in Salzburg. Seelsorglicher Schwerpunkt ist die Betreuung von Pfarreien und Wallfahrtsorten. In Bozen in Südtirol und in Hall in Tirol unterhält der Orden jeweils ein humanistisches Gymnasium und ein Schülerheim. Elf Brüder aus der Provinz Austria sind als Missionare in Bolivien und Südafrika im Einsatz.

Schweiz

die Schweizer Franziskanerprovinz mit dem Provinzialat in Näfels wurde auf dem Provinzkapitel im Juli 2009 wegen Mitgliedermangels zur abhängigen Kustodie der Provinz Österreich-Südtirol zurückgestuft. Ihr gehören noch 25 Brüder in drei Niederlassungen an: Zürich, St. Otmar im Werd (Gemeinde Eschenz) und Mariaburg in Näfels.

Weblinks

GeschichteDie heutigen Franziskaner gingen aus der Observanzbewegung innerhalb des Franziskanerordens hervor, deren erste Gruppen etwa um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Italien entstanden, bald aber auch in Spanien und Frankreich auftauchten. Kennzeichnend für diese Bewegung, die zu dieser Zeit auch in anderen Orden auftrat, war die Rückkehr zu einer strengeren Beachtung (lat. Observanz) der ursprünglichen Ordensregel. Dazu gehörten eine strenge Befolgung des Armutsideals und eine Abwendung von den Städten und die Niederlassung in Einsiedeleien. Sie nahmen auch die ursprüngliche franziskanische Wanderpredigt wieder auf, in der sie die sozialen Missstände der damaligen Zeit anprangerten. Diese Gruppen, zu denen im 15. Jahrhundert z.B. Bernhardin von Siena, Johannes von Capestrano, Albert von Sarteano und Jakobus von der Mark gehörten, erhielten regen Zulauf und wurden, auch bedingt durch die Schwächung des ursprünglichen Stammordens, der sog. Konventualen, durch verschiedene äußere Einflüsse (Hundertjähriger Krieg, die Pest in den Städten, das Abendländische Schisma), schnell zu einer Mehrheit im Orden.

Ihr religiöser Eifer, die strenge Beachtung des Armutsideals und ihr Eintreten für die Belange der ärmeren Schichten brachte den Observanten bald die Anerkennung der kirchlichen und weltlichen Fürsten und der Bevölkerung ein. Im Jahre 1415 erhielten die französischen Observanten die Erlaubnis, einen eigenen commissarius zu wählen, der zwar dem Generalminister der Franziskaner unterstellt blieb, faktisch aber ein eigener Oberer war. Auch in anderen Ländern erhielten sie eigene Rechte. Diese Selbständigkeit, die eine Gefährdung der Einheit des Ordens darstellte, führte in der Folge zu Rivalitäten und Streitigkeiten innerhalb der verschiedenen Gruppen im Gesamtorden. Zwar wurden immer wieder Einigungs- und Reformversuche unternommen, die jedoch nicht zum Erfolg führten, so dass eine Trennung unausweichlich war.

Diese Trennung wurde am 19. Mai 1517 durch Papst Leo X. mit der Bulle Ite et vos in vineam meam (dt. Geht auch ihr in meinen Weinberg, Matth. 20,4) vollzogen und bestätigt. Mit dieser Bulle wurde der Franziskanerorden in zwei selbständige Zweige geteilt: die Konventualen (Minoriten) und die Observanten (Franziskaner).

Unterschiedliche Auffassungen über die Anwendung der Regel und die Verwirklichung der Armut und die verschiedenen äußeren Umstände in den einzelnen Staaten (z. B. die Reformation) führten in den folgenden Jahrzehnten zur weiteren Aufteilung der Observanten (aber auch der Konventualen) in verschiedene Gruppierungen. In Spanien kam es 1566/67 sogar zur Wiedervereinigung einer Gruppe reformierter Konventualen mit den Observanten.

Durch die schon im 15. Jahrhundert vollzogene Einteilung des Franziskanerordens in eine cismontane (Italien, Österreich, Ungarn und Polen) und eine ultramontane Familie (Spanien, Frankreich, Deutschland und Amerika), blieben weitere Reformimpulse auf die jeweiligen Familien und die Landesgrenzen beschränkt.

In Spanien entstanden aus einer Eremitenbewegung in den Jahren nach der Spaltung ein reformierter Zweig, die Franziskaner-Barfüßer (Discalceaten), die von Petrus von Alcántara gegründet wurden und sich bald zu einem selbständigen Orden entwickelten. In den übrigen ultramontanen Ländern entstand gegen Ende des 16. Jahrhunderts ein weiterer Reformzweig, der sich Rekollekten (Zurückgezogene) nannte (zu diesem Zweig gehörten auch die meisten deutschen Franziskaner). Auch in Italien entwickelten sich Reformzweige der Observanten, deren wichtigster die Kapuziner (seit 1619 selbständig) waren, die als dritter Zweig des ersten Ordens bis heute existieren. Die anderen, kleineren Gruppen vereinigten sich später zum eigenen Zweig der Reformaten, die sich gleich ihren spanischen Brüdern die Selbständigkeit erkämpften, aber zur cismontanen Familie gehörten.

Am Ende dieser Entwicklung standen also vier selbständige Gruppen, die sich aus dem Zweig der Franziskaner-Observanten entwickelt haben: die Observanten selbst, die Discalceaten, die Reformaten und die Rekollekten.

In den folgenden Jahrhunderten teilten die Franziskaner-Observanten-Familien das Schicksal aller franziskanischen Männerorden. Sie beteiligten sich an der Mission, mußten durch die Französische Revolution und die folgende Säkularisation erhebliche Einschränkungen hinnehmen und profitierten von der Aufbruchsphase in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, blieben aber die ganze Zeit über geteilt. Erst im Jahre 1897 wurden die auf vatikanischen Druck neu entstandenen Unionskonstitutionen durch das Generalkapitel approbiert und Papst Leo XIII. konnte am 7. Oktober 1897 die vier Familien mit der Unionsbulle Felicitate quadam zum neuen Orden der Minderen Brüder, Franziskaner OFM, vereinen. Am folgenden Tag trat die gesamte Ordensleitung mit ihrem Generalminister Aloysius Canali da Parma zurück. Der erste Generalminister des vereinten Ordens wurde der deutsche Franziskaner Aloysius Lauer, der auch schon in der Kommission zur Ausarbeitung der neuen, gemeinsamen Generalkonstitution den Vorsitz geführt hatte.

Letzte Änderung: 30. Juli 2009 

Kommentare

3 Kommentare zu “Franziskaner OFM”

  1. Hermann
    28. Dezember 2012 14:09

    Franziskaner wirken allein schon wegen ihrer nicht-schwarzen Ordenstracht unklerikal und nahbar.

    Besonders beeindruckt hat mich Provinzial Ruggenthaler mit der (sinngemäßen) Aussage in einer Predigt:

    Der Franziskaner ist seinem Selbstverständnis nach einer, der das Evangelium verkündet, und zwar in einfachen Worten.

    Ordensnachwuchs kann man nicht durch ein raffiniertes Programm erzwingen.
    Das Programm ist nichts anderes als das gelebte Evangelium selbst.

    Super!

  2. Sabine
    29. Dezember 2012 14:10

    Hermann, Ihr Beitrag erinnert mich an die Amtseinführung von Papst Benedikt.
    Dort sagte der Papst, er könne keine eigene Regierungserklärung präsentieren,
    denn das Regierungsprogramm sei das Evangelium.

  3. Stefan
    15. Januar 2013 15:58

    @ Hermann

    „Das Programm ist nichts anderes als das gelebte Evangelium selbst.“

    Das ist eine zu allgemeine, zu unkonkrete und darum zu unverbindliche Programmatik.

    Nach meiner Erinnerung hat ein Franziskanerbischof bei einem K-TV-Auftritt einen seiner Mitbrüder mit ungefähr folgenden deftigen Worten zitiert: Wir gehen manchmal miteinander um, dass es einer Sau graust.

    Dieses Eingeständnis finde ich einerseits grundehrlich. Hätte der Bischof nämlich behauptet, dass Franziskanerbrüder immer evangeliumsgemäß einander an Achtung übertreffen, hätte ihm das ohnehin niemand geglaubt.

    Auf der anderen Seite stellt sich aber die Frage:
    Wieso um Himmels willen sollte jemand Christ sein wollen oder gar ins Kloster gehen, wenn es dort auch nicht brüderlicher zugeht als unter Nichtchristen und Weltmenschen?

Was sagen Sie dazu?