Magdalenerinnen


Die Schwestern der Hl. Maria Magdalena von der Buße, lat. Ordo Sanctae Mariæ Magdalenæ de poenitentia OSMMdP, kurz Magdalenerinnen, früher auch Büßerinnen, Reuerinnen oder – wohl nach ihrer Tracht – Weißfrauen genannt, sind ein aus der Bußbewegung des 13. Jahrhunderts entstandener monastischer Orden, der zur Pflege und Rettung gefährdeter und verwahrloster Frauen gegründet wurde. Als Gründer gilt der Kanonikus an St. Mauritius in Hildesheim, Rudolf von Worms, der 1226 in Worms das erste Kloster gründete. Ordenspatronin ist Maria Magdalena, die bekehrte Sünderin aus dem Neuen Testament.

Blütezeit im 13. Jahrhundert

Nachdem Papst Gregor IX. die Vereinigung 1227 bestätigt hatte, wurden schnell weitere Häuser gegründet, u.a. in Trier, Straßburg, Mühlhausen in Thüringen, Würzburg (1227), Regensburg, Speyer und Frankfurt am Main (1228), Goslar (1229), Basel (1230), Erfurt (1235) und Freiburg im Breisgau. Auch in Frankreich (Marseille um 1277, Paris 1492, Bordeaux 1618), Italien (Neapel 1324, Rom 1520), Spanien (Sevilla 1550) und Portugal entstanden Klöster. 1618 gründete P. Athanasius Molé in Paris das Haus der »Madelonettes von Paris« (Filles de la Madeleine), das in der Französischen Revolution aufgelöst wurde.

Seine größte Ausdehnung hatte der Orden mit ca. 70 Klöstern schon im 2. Viertel des 13. Jahrhunderts erreicht.

Struktur und Organisation

Zunächst nach den Konstitutionen der Zisterzienserinnen lebend, erhielten die Klöster 1232 von Gregor IX. die Augustinusregel und die Statuten der Dominikanerinnen von San Sisto (Sixtusnonnen) in Rom, wodurch sie veranlasst waren, »Mädchen vom 11. Lebensjahr an aufzunehmen, zu unterrichten und zu erziehen«. Der gleichzeitig zur Verwaltung, Kontrolle und geistlichen Begleitung jedem Kloster beigegebene Männerkonvent wurde 1280 zugunsten eines einzelnen Priors wieder aufgegeben.

Dem in Provinzen organisierten Orden stand ein von den Priorinnen gewählter Generalpropst (præpositus generalis) vor, der aber keine weitreichenden Vollmachten hatte, da jedes Kloster selbständig blieb. In Böhmen unterstanden die Klöster seit 1415 dem Erzbischof von Prag, bis die hussitischen Stürme sie hinwegfegten.

Anfang des 18. Jahrhunderts gab es in den Klöstern drei Klassen von Mitgliedern: 1. Die Kongregation der hl. Magdalena, bestehend aus Ordensfrauen mit feierlichen Gelübden, 2. die Kongregation der hl. Martha, bestehend aus Mitgliedern, die (noch) keine feierlichen Gelübde abgelegt hatten, und 3. – streng abgesondert von den beiden anderen Kongregationen – die Kongregation des hl. Lazarus, zu der die Mädchen gehörten, die sich zur Besserung und Erziehung im Kloster befanden. Die drei Kongregationen waren hierarchisch organisiert, ein Aufstieg war nach längerer Probezeit möglich.

Niedergang

Obwohl ursprünglich zur Rettung und Pflege ehemaliger Prostituierter gegründet und zunächst auch aus solchen bestehend, hielten die Konvente den Ordenszweck nicht generell durch. Schon bald traten auch unbescholtene, freiwillig büßende Frauen in die Klöster ein. Gleichzeitig begann die Lockerung des inneren Zusammenhalts und die Schrumpfung der Zahl der Konvente. Mehr und mehr glichen sich die Häuser den bestehenden Klausurklöstern der alten Orden (Dominikanerinnen) an; nicht selten traten schon Ende des 13. Jahrhundert ganze Konvente zu diesen oder zu den Bettelorden (Klarissen) über (z.B. St. Maria Magdalena in Regensburg 1296). Nachdem die Klöster 1286 auf Betreiben des Kardinallegaten Giovanni Boccamazza vorübergehend dem Dominikanerorden angegliedert worden waren, stellte der Franziskanerpapst Nikolaus IV. die Selbständigkeit des Ordens wieder her.

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts bestanden noch etwa 40 Klöster, die durch die Reformation weitgehend dezimiert wurden; übrig blieben nur drei Ordenshäuser in Naumburg am Queis, in Sprottau und in Lauban, Niederschlesien (heute Lubań, Polen).

Die Säkularisationen des 19. Jahrhunderts überlebte nur das 1320 gegründete Kloster in Lauban, dass aber Krankenpflege und Schultätigkeit übernehmen musste, und somit nicht mehr dem ursprünglichen Ordenszweck diente. 1885 wurde von dort aus ein Filialkloster in Studenitz in der Steiermark gegründet.

Die Laubaner Schwestern flohen nach dem Ende des 2. Weltkriegs nach Niederbayern. Als Kloster diente ihnen seit 1951 das Schloss Seyboldsdorf bei Vilsbiburg. Von dort gingen später wieder einige Schwestern nach Lauban zurück. 2004 wurde das Kloster Seyboldsdorf wegen Überalterung des Konvents aufgegeben. Die letzten vier Schwestern leben in einer Altenpflegeeinrichtung in Obernzell an der Donau. Daneben gibt es heute in Bayreuth, Oberfranken, noch eine Niederlassung der polnischen Magdalenerinnen aus dem Mutterhaus in Luban.

Andere Gemeinschaften, die Magdalenerinnen genannt werden

Das 1833 von der Gräfin Giulietta Falletti di Barolo, geb. Colbert di Maulevrier, gegründete monastische Kloster der Magdalenerinnen von der Buße (Magdalenerinnen von Turin, it. Sorelle penitenti di Santa Maria Maddalena) wurde 1856 in eine caritative Gemeinschaft umgewandelt (Turiner Annaschwestern v.d. Vorsehung). Auch die Magdalenen von Bologna und St.-Omer waren Hospitaliterinnen.

Literatur

Skobel, Paul u. Piekorz, Edmund: Die Magdalenerinnen zu Lauban in Schlesien. Das Jungfräuliche Klosterstift zur Heiligen Maria Magdalena von der Buße zu Lauban in Schlesien von 1320-1821. – Aalen: Konrad Theiss, 1969.
Mai, Paul: Die Laubaner Magdalenerinnen (Niederschlesien) heute in Seyboldsdorf (Niederbeyern): Blüte und Niedergang eines großen Frauenordens. In: Staat, Kultur, Politik. Beiträge zur Geschichte Bayerns und des Katholizismus; Festschrift zum 65. Geburtstag von Dieter Albrecht. hrsg. von Winfried Becker und Werner Chrobak. Kallmünz/Opf. 1992, S. 413-429.

Letzte Änderung: 17. August 2009 

Kommentare

9 Kommentare zu “Magdalenerinnen”

  1. 24. September 2009 07:34

    Hallo,

    ist es möglich noch mehr zu erfahren von Schwestern aus Studenitz (heute Studenice). Ich habe schon etwas zusammenbekommen aber ich glaube das ist nicht alles. Ist der Kloster in Studenice nicht Eigentum der Lubaner Kloster??? Kloster wurde in letzten 2 Jahren etwas renoviert jetzt steht alles weil angeblich kein Geld da ist.
    Wo (Literatur)finde ich noch mehr Informationen.
    Wo finde ich Informationen aus der Zeit der Dominikanerinen in Studenice??
    Für ein Kurze Antwort währe ich Ihnen dankbar.
    MfG
    Stefan aus Studenice z:z. in China – Yunnan

  2. Ingrid Coughlan
    5. September 2011 21:08

    Ich suche dringend ein Bild oder eine genauere Beschreibung des Habits einer „Weißfrau“. Wie sah dieser Habit genau aus?

  3. 15. November 2011 12:19

    […] […]

  4. 12. Dezember 2011 17:56

    Hallo Frau Ingrid
    ich glaube ich habe etwas für Sie Weise Frauen wurden genant Schwestern M. M.. So ein Kloster war auch in mein Geburtsort Studenice (ehemalig Studenitz in Steiermark) Ich habe ein Bild davon. Schicken Sie mir ein Email und ich werde Ihnen das Bild zusenden.
    MfG
    Stefan Skerbis

  5. Ingrid Coughlan
    29. Mai 2014 14:00

    Im Artikel steht:
    >>> Gegen Ende des 15. Jahrhunderts bestanden noch etwa 40 Klöster, die durch die Reformation weitgehend dezimiert wurden; übrig blieben nur drei Ordenshäuser in Naumburg am Queis, in Sprottau und in Lauban, Niederschlesien (heute Lubań, Polen).

    Das Ordenshaus in Hildesheim hat bis zum Reichsdeputationshauptschluss weiter bestanden.

    ——

    Ich danke für die Zuschriften bezüglich des Habits oben, die ich leider übersehen habe, weil ich von anderer Seite bereits ein Bild bekommen habe.
    Trotzdem, vielen Dank!

  6. Begine Sr. Brita Lieb
    10. Januar 2018 19:34

    Ich wäre ebenfalls an einem Bild interessiert, da ich im Moment an den Schweizer Weißen Frauen oder Reuerinnen arbeite, wo ich las, dass auch in Erfurt wieder polnische Reuerinnen arbeiten. Hier in Fulda gab es auch Weiße Schwestern und niemand konnte mir Auskunft geben, bis ich auf die Freiburger Reuerinnen oder Magdalenerinnen traf. Es geht weiter.

  7. AW
    18. April 2018 10:02

    Es stimmt. Polnische Ordensfrauen aus dem neueren Orden der Magdalenerinnen arbeiten im Erfurter Priesterseminar.
    Kölner Weißfrauen sind in dem Ausstellungskatalog „Krone und Schleier“ abgebidet.

  8. wilfried wolf
    11. Juli 2019 00:41

    Sie schreiben „gegen Ende des 15. Jahrhunderts bestanden noch etwa 40 Klöster, die durch die Reformation weitgehend dezimiert wurden; übrig blieben nur drei Ordenshäuser in Naumburg am Queis, in Sprottau und in Lauban, Niederschlesien.“

    Da ich mich gerade mit der Geschichte des Ursulinenklosters in Erfurt befasse ist mir Aufgefallen das die Magdalenerinnen das Kloster erst im Jahre 1667 an die Ursulinen übergeben haben und die letzte Magdalenerin 1685 gestorben ist.

    Wurde das erfurter Kloster anders eingestuft?

  9. Monika Medel
    9. März 2021 12:39

    Das Frankfurter Weißfrauenkloster wurde nach der Reformation zu einem ev. Frauenstift. Bekannteste Stiftsdame war Susanne von Klettenberg, tiefgläubig und hochgebildet, der J.W. von Goethe als „schöne Seele“ in seinem Wilhelm Meister ein Denkmal setzte.

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